Autokonzern in der Krise: IG Metall streikt bei Volkswagen
Das Management des Autobauers hat einen Zukunftsplan von Betriebsrat und Gewerkschaft abgelehnt. Diese antwortet nach Ende der Friedenspflicht mit Warnstreiks.
Bei Volkswagen eskaliert der Streit um die Zukunft. Die Gewerkschaft IG Metall kündigte mit Ende der sogenannten Friedenspflicht, in der Warnstreiks verboten sind, in allen deutschen Werken Aktionen an. Zuvor hatte das Management einen Vorschlag der Gewerkschaft zur Krisenlösung abgelehnt.
„Volkswagen hat unsere Tarifverträge in Brand gesteckt und statt in drei Tarifverhandlungen dieses Feuer zu löschen, wirft der Vorstand noch offene Benzinfässer hinein“, erklärte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger. „Am Montag werden in allen Werken Warnstreiks beginnen. Wie lange und wie intensiv diese Auseinandersetzung gehen muss, hat Volkswagen am Verhandlungstisch zu verantworten.“
Im September hatte das VW-Management alle wichtigen Tarifverträge mit der Gewerkschaft gekündigt, die auch eine über 30 Jahre währende Beschäftigungsgarantie vorsahen. Zuvor hatte es betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen angekündigt. Zudem sollen die Angestellten eine pauschale Absenkung der Entgelte um 10 Prozent hinnehmen.
Der Grund für den geplanten Kahlschlag ist eine Absatzkrise. Zum einen leidet die gesamte Branche in Europa an sinkenden Verkaufszahlen. Zum anderen setzen dem Autobauer frühere Managementfehler zu. Im Sortiment fehlt derzeit ein günstiges Elektromodell, auch bei der Software solle es Schwierigkeiten geben. So fehlt dem Konzern laut Vorstandsangaben die Nachfrage für die Produktion von jährlich 500.000 Fahrzeugen. Dies entspricht der Kapazität von zwei Werken.
Der Plan hat ein Volumen von 1,5 Milliarden Euro
Gleichzeitig ist der Konzern weiterhin profitabel. Zwar vermeldete das Management zuletzt einen massiven Gewinneinbruch. Letztlich machte der Autobauer in den ersten neun Monaten des Jahres noch einen Gewinn nach Steuern von insgesamt knapp neun Milliarden Euro.
Vor einigen Tagen legte die IG Metall zusammen mit dem Konzernbetriebsrat einen alternativen Plan zur Sanierung des Autobauers vor: Sie regte an, die jüngste Tarifeinigung in der Metall- und Elektroindustrie auch für die rund 120.000 VW-Beschäftigten in Deutschland zu übernehmen. Diese sieht eine Lohnsteigerungen von 5,1 Prozent über eine Laufzeit von 25 Monaten vor. Bei VW soll dieses Geld laut dem Plan von Gewerkschaft und Betriebsrat aber nicht direkt an die Beschäftigten gehen. Es soll stattdessen in einen sogenannten Flexi-Fonds fließen.
Laut IG Metall hat dieser Plan ein Volumen von 1,5 Milliarden Euro. Wenn es im Zuge des Konzernumbaus zu Unterauslastungen in einzelnen Werken und Bereichen kommt, soll damit ein Ausgleich für Arbeitszeitverkürzungen finanziert werden. So wollen IG Metall und Betriebsrat Entlassungen und Werksschließungen verhindern.
Der VW-Vorstand lehnte den Vorschlag jedoch ab. „Zwar können sich kurzfristig auch positive Effekte ergeben, jedoch führen die genannten Maßnahmen überwiegend zu keiner finanziellen nachhaltigen Entlastung des Unternehmens in den kommenden Jahren“, teilte Europas größter Autobauer Ende vergangener Woche mit.
Der Frust der Arbeiter ist groß
Am Samstagabend läutete die Industriegewerkschaft nun in Wolfsburg mit 300 Beschäftigten das Ende der Friedenspflicht ein. „Der Frust in der Belegschaft ist groß. Die Kolleginnen und Kollegen suchen seit Wochen ein Ventil, um Dampf abzulassen“, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Dieses sei nun endlich mit der Möglichkeit für Warnstreiks vorhanden. „Und wohin dann die Belegschaft mit ihrem Unmut will, steht auch unmissverständlich fest: In Richtung Vorstand, der Öl ins Feuer gießt, anstatt seiner Verantwortung gerecht zu werden“, so Cavallo weiter.
Zuletzt gab es laut IG Metall bei Volkswagen im Jahr 2021 einzelne Warnstreiks, die jedoch unter Pandemiebedingungen stattfinden mussten. Die letzten größeren Warnstreiks organisierte die Gewerkschaft im Haustarifbereich des Autobauers im Jahr 2018. Damals legten mehr als 50.000 Beschäftigten die Arbeit nieder.
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