Auswirkungen von Monokulturen: Auf kargen Böden blüht mehr
Monokulturen machen langfristig arm. Sie zerstören die biologische Vielfalt – eine der Grundfesten der Zivilisation.
Es ist paradox: Auf magerem Rasen, der kaum noch eine Ziege satt macht, entwickelt sich die größte Vielfalt an Pflanzen und Insekten. Auch auf den Ruinen, dem Bauschutt vergangener Kulturen gedeihen oft vielfältigste biologische Arten. Neben der Biodiversität der wilden Natur gibt es zudem die Vielfalt der Kulturnatur: Es sind die von Gärtnern und Gärtnerinnen über Jahrhunderte gezogenen Gemüsesorten; 6.000 Arten allein im Arche-Noah-Garten für alte Nutzpflanzen in Österreich – einem Kulturgedächnis.
In der Verwertungskette, die auf Effizienz setzt, fehlt dieser Variationsreichtum. Weltweit werden in der industriellen Agrarwirtschaft vor allem 15 Nahrungspflanzen – meist der gleichen Sorte – angebaut: Reis, Mais, Weizen, Kartoffeln, Zwiebeln, Karotten, Tomaten, Soja, Ölpalmen, Kohl. Verknappung der Vielfalt aber ist ein Angriff auf die Zivilisation.
Die Verkaufs-Landwirtschaft ist nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg auf eine unheilige Bahn geraten, die die Zerstörung der Erde in Kauf nimmt. Maschinenindustrie, Finanzwirtschaft und eine Politik, die die Agrarlobby bedient, sind die Ursachen. Bei allen Vorzügen des Intensivlandbaus, auf die Dauer wirkt er zerstörerisch auf die Erdkrume, denn die Bodenzusammensetzung wird durch künstliche Überdüngung und Agrargifte so verändert, dass nur noch wenige Arten darauf wachsen können.
In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts erlebten die US-Staaten des Mittleren Westens eine Katastrophe, die dies verdeutlicht: Nach dem Ersten Weltkrieg kam die Panzer-Industrie in den USA in Absatzprobleme. Sie setzte deshalb auf große Traktoren und brachte die Farmer dazu, diese auf Kredit zu kaufen. Um aus der Schuldenfalle zu kommen, begannen diese, die Böden allzu intensiv zu bewirtschaften.
Elisabeth Meyer-Renschhausen ist Publizistin und Privatdozentin der Soziologie. Sie setzt sich für Urban Agriculture in den Städten ein.
Die Demonstration „Wir haben es satt“ findet am 17. Januar 2015 in Berlin statt.
Erdverwehungen durch fehlende Sträucher
Im Mai 1934 trugen gewaltige Stürme die Erde der Great Plains davon, da große Felder ohne Begrenzungen durch Sträucher und Wälder, die das Bewirtschaften erschweren, die aufgewirbelte Erdschicht nicht aufhalten konnten. Erdstaub vernebelte die Städte und legte sich auf Häuser, Mensch und Tier, viele erstickten. Drei Millionen Umweltflüchtlinge verließen ihre Farmen.
Auch in Deutschland kommt es zu Erdverwehungen. Bei Rostock starben im Jahr 2011 zehn Menschen bei einer Massenkarambolage. Plötzlich aufgewirbeltes Erdreich hatte die Sicht genommen. Insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern gibt es riesige agroindustriell bewirtschaftete Felder ohne Sträucher dazwischen, die bei Wind die Erdabtragung stoppen.
Ausgelaugter Bodens aber kann nur über eine Garten- und Kompostwirtschaft wieder aufgebaut werden. In Eurasien oder Afrika wird dazu seit Jahrtausenden Kuh- oder Pferdemist verwendet. Die haustierlosen Regenwaldvölker hingegen kompostierten umfassender und nutzten auch Exkremente von Menschen. In den Gartenstädten am Amazonas beugte man Krankheitskeimen darin vor durch die Zugabe von fein pulverisiertem Holzkohlenstaub.
Auf biologisch betriebenen Bauernhöfen, die nur organischen Kompost einsetzen und auf Chemiedünger sowie Agrargifte verzichten, enthält die Erde bis zu 80 Prozent mehr Regenwürmer und 50 Prozent mehr Laufkäfer. Sie können eine entsprechend größere Vielzahl von Singvögeln, Fledermäusen und Bienenarten ernähren.
Paradies Brache
Außerdem werden auf Biohöfen viele vergessene Gemüsesorten mit eigenen Aromen und Geschmacksnoten kultiviert. Da die vom Aussterben bedrohten Arten der Erde sich jedoch auf Mager-Habitate zurückgezogen haben, unterhalten Biohöfe neben ihren Äckern auch solche Magerwiesen, um die Biodiversität zu erhalten.
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Überlässt man Brachen sich selbst, entwickeln sie sich mitunter fast paradiesisch. 150 Kräuter- und Wildpflanzen fand die Künstlerin Alex Toland, als sie dem wilden Grün auf dem nach dem Krieg mehr als 50 Jahre brachliegenden Bahnhofsgelände am Gleisdreieck in Berlin eine Ausstellung widmete.
In Goldrahmen präsentierte sie sie vom Wildhafer bis zum Götterbaum. Und erklärte, was ihre Existenz über den Boden sagt. Einige Pflanzen wiesen auf nahrhafte Muttererde hin. Offenbar hatten sich in der Zeit genügend Pflanzenreste angesammelt, dass sich auch anspruchsvolle „Starkzehrer“ – also düngerbedürftige Gemüsepflanzen – wieder ausbreiten konnten.
Protest gegen Monokultur
Ohne das Wuseln von Kleinstlebewesen und Pflanzen auf und im Boden gäbe es keine Erde. Stadt und Land brauchen Brachen sowie Gärten und kleine Bauernhöfe. Nur sie arbeiten mit der Erde als Partner, pflegen den Mutterboden und hegen die Sortenvielfalt, auf die auch die Züchter der Industrie angewiesen sind.
Seit September 2009 wehrt sich ein Zusammenschluss von Bürgerinitiativen gegen eine allein auf „Verwertung“ zielende Agrarpolitik. Tier-, Natur- und Umweltschützer sowie Bauern wollen weder Massentierhaltung noch Megaschlachthöfe. Diese Initiative, „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“, organisiert jeden Januar eine Demonstration: „Wir haben es satt“ ist ihr Motto.
Letztes Jahr kamen über 22.000 Menschen. Den Demonstranten stinkt die Verpestung ihrer Orte durch Megaställe. Die Verseuchung des Grundwassers durch zu viel Gülle beeinträchtigt Gärten, Böden und Gesundheit. Diese Menschen wissen, dass unsere Erde eigentlich ein dünnhäutiges Wesen ist, in deren zarter Haut sich das meiste Leben abspielt. Auf geheimnisvolle Art und Weise. Wir kennen nur zehn Prozent der Mikrobiologie des Bodens.
Landwirtschaft zurück in die Stadt
Der Weltagrarbericht der Weltbank 2008 zeigte erneut, dass nur eine gartenmäßig betriebene Kleinlandwirtschaft in der Lage ist, Böden wieder aufzubauen. Nur eine per Hand betriebene Waldgartenwirtschaft, die pfluglose Agrarkultur, kann die Erde heilen. Diese sogenannte „Agroforestry“ ernährt in den Tropen eine Bauernfamilie von nur ein bis zwei Hektar Land.
Die neuen kommunalen Strategien zum Erhalt der biologischen Vielfalt, die vorsehen, dass ein gewisser Prozentsatz von Erwerbslandwirtschaft sowie Subsistenzwirtschaft, etwa in Form von Gemeinschaftsgärten, zurück in die Städte geholt werden, sind daher richtig – wie auch die Forderung, dass innerstädtische Brachen und Gärten erhalten bleiben müssen.
Wo aus wildem Brachengrün aber partout Designerparks gemacht werden, möge man doch vermehrt wilde Waldinseln, Gemeinschaftsgärten und Kleingarteninseln darin zulassen. Denn wer Vielfalt sieht und schmeckt, kann Vielfalt auch denken. Nicht zuletzt ist dies eine der Grundfesten der Zivilisation.
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