Auswertung von Gesundheits-Apps: IBM greift nach sensiblen Daten
Der IT-Konzern plant, mit Hilfe von Apple Informationen aus Fitness- und Gesundheits-Apps zu analysieren. Daraus könnten Versicherer Profit schlagen.
BERLIN taz | Der IT-Konzern IBM will Gesundheitsdaten aus Fitness-Apps, medizinischen Implantaten und Fitnessarmbändern von Nutzern anonymisiert auswerten und für Dritte bereitstellen. Dafür arbeite der Konzern künftig unter anderem stärker mit Apple zusammen, teilte IBM am Montagabend mit.
Die Daten sollen auf einer Plattform namens Watson Health Cloud gespeichert und mithilfe der enormen Rechenkapazitäten des IBM-Supercomputers Watson analysiert werden. Auf die Daten sollen Forscher und Ärzte, aber auch Versicherungskonzerne zugreifen können, heißt es.
Die Kooperation mit Apple läuft über die Plattformen HealthKit und ResearchKit. Mit HealthKit können Nutzer ihre Gesundheitsdaten aus verschiedenen Apps etwa zum Schrittezählen sammeln und verknüpfen. Über ResearchKit gibt es die Möglichkeit, anonymisierte Informationen für Forschungszwecke bereitzustellen. Die Daten sollen User über eine IBM-App freigeben.
Auch viele Deutsche benutzen Fitness-Apps und sogenannte Wearablesm – kleine Minicomputer, die etwa Blutdruck oder Kalorienverbrauch überwachen. Nach einer akutellen Studie im Auftrag der Wirtschaftsberatung PwC besitzen bereits 17 Prozent der Bundesbürger ein oder mehrere Wearables.
Gesundheitsdaten anonymisiert und sicher
IBM versichert, die auf der Plattform gespeicherten Informationen seien sicher und würden anonymisiert. IBM befinde sich „genau im Rahmen der deutschen Gesetzgebung“, so eine Sprecherin von IBM Deutschland. Auf die Freigabe durch jüngere Nutzer setzt laut Financial Times IBM-Manager Michael Rhodin: Die Generation der Apple-Watch-Nutzer sei an „Daten-Philantropie“ interessiert – für die Forschung gäben sie die Informationen gern heraus.
Doch die Datenmengen können Begehrlichkeiten wecken, denn gesund lebende Kunden kosten die Krankenversicherer oft weniger. Friedemann Ebelt vom Verein Digitalcourage sieht die Datensammelei als ausgesprochen problematisch an.
Er hält die Informationen in der Cloud nicht für sicher – der Anreiz, diese zu hacken, sei bei einer derartigen Menge sensibler Daten enorm hoch. Zudem befürchtet der Datenschützer ein Drängen dahin, dass Versicherte bald zur Selbstkontrolle durch Gesundheits-Apps verpflichtet sein könnten.
Ende vergangenen Jahres hatte der erste große private Versicherer in Europa mitgeteilt, einen Tarif mit elektronischer Kontrolle einzuführen. Die Generali-Gruppe will Kunden Rabatte und Gutscheine gewähren, wenn sie sich gesund verhalten.
Gesetzliche Krankenversicherer weisen das von sich. Gesundheitsdaten an ein Unternehmen zu übermitteln, um Boni oder günstigere Tarife zu bekommen, sei datenschutzrechtlich fragwürdig und „nicht mit den Prinzipien einer solidarischen Krankenversicherung vereinbar“, sagt ein Sprecher des AOK-Bundesverbands.
IBM scheint in seiner Plattform großes Potenzial zu sehen. Deshalb hat der Konzern nach eigenen Angaben die Unternehmen Phytel und Explorys gekauft, um das Projekt schneller auf den Weg zu bringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mehr Zugverkehr wagen
Holt endlich den Fernverkehr ins Deutschlandticket!
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Stromspeicher für Erneuerbare Energien
Deutschland sucht die neue Superbatterie
Jette Nietzard gibt sich kämpferisch
„Die Grüne Jugend wird auf die Barrikaden gehen“