piwik no script img

AustralienTrotz Visum ins Lager

Zu Unrecht inhaftlieren die Einwanderungsbehörden Migranten - darunter auch eine psychisch kranke Deutsche.

Sichere Bucht Australien? Nicht für jeden Einwanderer. Bild: dpa

CANBERRA taz "Es ist unentschuldbar, dass so häufig Fehler zur Inhaftierung von Menschen führten, die ein gesetzliches Recht hatten, unbehelligt hier zu leben." Mit diesen Worten tadelte Ombudsmann John McMillan gestern die australische Einwanderungsbehörden. Wie eine von McMillan geleitete Untersuchung ergab, hat das Amt jahrelang hunderte Menschen unrechtmäßig inhaftiert - neben Einwanderern mit gültigem Visum auch australische Bürger.

Einwanderungsminister Kevin Andrews bestätigte 247 Fälle von Personen, mit denen die Einwanderungsbehörde zwischen 1993 und 2007 unrechtmäßig umging. Das Ministerium erwägt nun Entschädigungszahlungen für die Betroffenen. Die Ursache für die Verfehlungen sieht McMillan in fehlender administrativer Kontrolle. Die Regierung habe nun Maßnahmen eingeführt, um in Zukunft solche Situationen zu verhindern.

Ausgelöst worden war die Untersuchung durch den Skandal um die illegale Inhaftierung der deutschen Cornelia Rau. Die damals 39-jährige ehemalige Flugbegleiterin mit australischem Daueraufenthaltsvisum wurde 2004 acht Monate lang im berüchtigten Internierungslager Baxter festgehalten. Sie war ohne Ausweis in einem Zustand psychischer Verwirrung aufgegriffen worden. Da sie sich "Anna Schmidt" nannte und Deutsch sprach, wurde sie wegen Verdachts der illegalen Einwanderung festgenommen. In der von Stacheldraht und elektrisch geladenen Zäunen umgebenen Hochsicherheitsanlage Baxter lebte sie beinahe ohne Zugang zu ärztlicher Versorgung. Obwohl sie auf der Vermisstenliste der Polizei stand, wurde der Irrtum erst entdeckt, als Angehörige sie auf Fotos identifizierten. Sie war aus psychiatrischer Behandlung geflohen und leidet noch heute unter schweren psychischen Problemen.

Raus Anwalt George Newhouse findet es "unglaublich", dass weder die verantwortlichen Beamten noch die entsprechenden Minister zur Rechenschaft gezogen wurden. Im Gegenteil: Der frühere Chef der Einwanderungsbehörde ist heute Botschafter in Indonesien. Ex-Immigrationsminister Philip Ruddock wurde von Premierminister John Howard zum Generalstaatsanwalt befördert. Seine Nachfolgerin Amanda Vanstone tritt in Kürze den begehrten Posten der australischen Botschafterin in Italien an.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!