piwik no script img

Ausstellungsempfehlung für BerlinFreude am Leben, Freude am Zeigen

In Hannah Sophie Dunkelbergs Ausstellung in der Efremidis Gallery gehen Innen und Außen ineinander über. Die taz sprach mit der Künstlerin.

Hannah Sophie Dunkelberg, „E.X.P.O. (sub sole)“, 2020. Installationsansicht in der Efremidis Gallery Foto: Efremidis Gallery
Beate Scheder
Interview von Beate Scheder

Im Jahr 1906 präsentierte Henri Matisse auf dem Salon des Indépendants sein Gemälde „Le Bonheur de Vivre“, eine leuchtend bunte frühmodernistische Komposition, Darstellung arkadischer Lebensfreude. 2020 zeigt Hannah Sophie Dunkelberg diese in ihrer Ausstellung „E.X.P.O. (sub sole)“ so, wie wir mittlerweile die meisten Bilder sehen: auf einem Bildschirm bzw. als Screenshot.

Die Screenshots wiederum hat sie zur Tapete zusammengefügt, Hintergrund für Alltagsgegenstände imitierende Objekte: eine Bank etwa, die aber nur stählerne Silhouette, keine echte Sitzgelegenheit ist, ein überdimensioniertes Herbstblatt mit darauf applizierter Collage von Bildern urbaner Landschaften, Laubhaufen, Regentropfen.

Die ganze Installation handelt, nicht ohne Hintersinn, von Innen und Außen, Objekten und deren Zur-Schau-Stellen, Funktion und Ästhetik. Die perfekte Bühne dafür hat Dunkelberg im Raum ERP der Efremidis Gallery gefunden, eine große Schaufensterfront des ehemaligen IBM-Gebäudes, indem sich die Galerie befindet.

Einblick 814: Hannah Sophie Dunkelberg, Künstlerin

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Die Ausstellung

Hannah Sophie Dunkelberg, „E.X.P.O. (sub sole),

Efremidis Gallery [ERP], bis 18. 4., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Ernst-Reuter-Platz 2

Hannah Sophie Dunkelberg: Susanne Paeslers Ausstellung „Pattern Recognition“ in der Galerie Barbara Weiss hat mich überrascht. Ihre Arbeiten sind besonders und gut. Wenn eine Arbeit ausstrahlt, dass man nichts zu erwarten hat und sich beiläufig alles auftut, wieder entzieht und man im Nachgang immer wieder daran hängen bleibt, dann ist es eine echte Entdeckung.

Sie hat Malerei skulptural-materiell gedacht – auf eine zurückhaltende Art. Ihre Arbeiten sind fast schüchtern und haben einen scheinbar einfachen Zugang. Für mich sind es hybride Wandobjekte, bei denen auf den vierten Blick dann hochwertige Handarbeit und Industrieproduktion gleichberechtigt nebeneinander stehen und dazu noch die Frage nach einem Garant für die eigene Kultur stellen. Aber niemals direkt.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Geplantes „klubben“? Lieber spontane Occasions. Für ein Konzert ist der Große Aufnahmesaal im Funkhaus Nalepastraße ein toller Ort.

Im Interview: 

Hannah Sophie Dunkelberg (*1987 in Bonn) lebt und arbeitet in Berlin. 2019 absolvierte sie die UdK als Meisterschülerin von Manfred Pernice. Sie wurde mit dem Anerkennungs-Skulpturenpreis der Ursula-Hanke-Förster-Stiftung ausgezeichnet, von der Dorothea-Konwiarz-Stiftung, dem DAAD und der Karl-Hofer-Gesellschaft Berlin gefördert. Ausstellungen u. a. im HaL Studiogalerie, dem Kunstverein Rosa-Luxemburg-Platz, Museum für Fotografie Berlin, Museum Kunstpalast Düsseldorf, bei der The Others Art Fair Turin und artberlin fair mit Office Impart, in der PMAM Gallery London, Pablo’s Birthday Gallery in New York und dem MdbK Leipzig. Aktuell hat sie eine Einzelausstellung in der Efremidis Galerie. (Foto: Nils Müller)

Welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Ich lese quer und durcheinander. Momentan „are we human? notes on an archeology of design“ von Beatriz Colomina & Mark Wigley, „Susanne Paesler. Catalogue raisonné“ von Hanne Loreck, „Die Lust an der Zeichnung“ von Jean-Luc Nancy, „Notes on Camp“ von Susan Sontag und immer mal „Gedicht an die Dauer“ von Peter Handke.

Was ist dein nächstes Projekt?

Den März werde ich in New York verbringen und an meinen Arbeiten für die Gruppenausstellung „Mixed Pickles 7“, mit der Galerie Ruttkowski;68 arbeiten, die zum Gallery Weekend in Berlin eröffnet.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

taz plan im exil

Online statt Print: Weil die Kulturbeilage taz plan in der gedruckten Ausgabe wegen des Corona-Shutdowns gerade pausiert, erscheint hier nun jeden Donnerstag ein Text vom „taz plan im exil“. Zuletzt: 2. 4. Stephanie Grimm/Musik: „Jeder Tag ist wie Sonntag“ & 9.4. Esther Slevogt/Theater: „Der Bildschirm als Bühne

Ohne Ziel spazieren, unverhoffte Begegnungen mit Dingen und Menschen und unausgesprochene Verabredungen – vor allem dann mit meinen Arbeiten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!