Ausstellungsempfehlung für Berlin: Doppelgänger einer geteilten Stadt
Vlad Nancă untersucht die Symbolsprache sozialistischer Stadtplanung – unter anderem am Alexanderplatz. Die taz sprach mit dem Künstler.
Nicht nur am Berliner Alexanderplatz, sondern auch in Rumänien, in der Kleinstadt Fălticeni, steht eine Weltzeituhr, eine Kopie des Berliner Originals, das in den 1980ern der rumänische Bürgermeister nachbauen ließ. Solche Parallelen in sozialistischer Stadtplanung und Symbolsprache sind es, die Vlad Nancă, erster Preisträger des Stipendiums des Kunstvereins Ost (KVOST), interessieren – genau wie deren Fortleben im Kapitalismus.
Der Alexanderplatz und seine Wahrzeichen stehen im Fokus seiner Ausstellung bei KVOST. In Mosaiken nimmt er Bezug auf Wandbilder Walter Womackas, der 1968 die künstlerische Gestaltung der Neubauten am Platz leitete. Arbeiten Nancăs treffen auf Originale Womackas, auf eine Stadtlandschaft des bulgarischen Fotografen Kamen Stoyanov, auf Flohmarktfunde.
In einem Video schiebt Nancă noch den auf Kommerz ausgerichteten heutigen Alexanderplatz dazwischen, lässt ihn sich im beschaulichen Fălticeni spiegeln und fragt so nach den Wirkungen der Systeme wie der Räume auf deren Bewohner*innen.
Einblick 792: Vlad Nancă, Künstler
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?
Vlad Nancă: Das war tatsächlich eine Performancearbeit, Dafna Maimons „Wary Mary“. Sie war Teil des Assemble Programs in Berlin und behandelte schwierige Themen, ohne den Humor zu verlieren. Das gefiel mir sehr gut, weil heutzutage viele Performancekünstler dazu tendieren, sich viel zu ernst zu nehmen.
Vlad Nancă, geboren 1979 in Bukarest, Rumänien, studierte von 1999 bis 2001 an der dortigen Kunstuniversität in der Abteilung für Fotografie und Video. Er lebt und arbeitet in Bukarest. Seine Arbeiten waren u. a. in Einzelausstellungen in der Galeria Calina in Timișoara, Rumänien (2015), in der Sabot Gallery in Cluj, Rumänien (2018) und einer Duoausstellung mit Paola Tognon in der Galleria Il Ponte in Florenz, Italien (2018) zu sehen. Nancă ist Preisträger des 2019 erstmals ausgeschriebenen KVOST-Stipendiums. Damit verbunden war ein sechswöchiger Aufenthalts als Artist in Residence in Berlin und die Einzelausstellung „The City and the City“, die aktuell bei KVOST zu sehen ist.
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?
Ich mag die Trauma Bar und Kino sehr gerne. Es ist ein relativ neuer Klub, der eine sichere Umgebung für jede*n bietet. Dazu gibt es großartige Musik und noch viel mehr.
"The City and the City" läuft bis zum 14. 12. 2019 bei KVOST, Mi. – Sa. 14 – 18 Uhr, Leipziger Straße 47 / Eingang Jerusalemer Straße
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?
Beatriz Colominas „X-Ray Architecture“ und das Kajet Magazin.
Was ist dein nächstes Projekt?
Ganz bald schon startet eine weitere Einzelausstellung von mir in Bukarest. Es geht wieder um die sozialistische Utopie in der Architektur. Ich verweise auf die Parallelen zwischen dem alltäglichen Anblick Bukarests von 1980 und die Angebote der „radical architects“ von beispielsweise Superstudio aus in Italien in den 1970ern.
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?
Natürlich ist da mein Smartphone, welches ich gleichzeitig liebe und hasse, aber meistens ist mein Laptop und ein Stift hilfreicher für mich.
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz
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