Ausstellung über Franz Josef Strauß: Der letzte große Mann Bayerns
Eine Münchner Ausstellung zum 100. Geburtstag zeigt auch kritische Seiten des CSU-Zampanos. So erhebt sie ihn erst recht in den Olymp der Politik.
Wenn die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung und das Münchner Stadtmuseum eine gemeinsame Ausstellung über Franz Josef Strauß konzipieren, dann kann, so die Erwartung, nur ein illustriertes Heldenepos dabei herauskommen. Und da hängen in der Tat die Wahlplakate mit dem Abbild des gütigen bayerischen Landesvaters einträchtig nebeneinander, garniert von Erinnerungsalben, die seinen Dienst für Deutschland im Allgemeinen und für den Freistaat im Besonderen bei Staatsbesuchen verklären.
Strauß als Pilot. Strauß mit Familie. Strauß im Schwimmbad, auf dem Fahrrad, am Schreibtisch, auf dem Volksfest.
Dem Strauß-Biografen Horst Möller gelingt es in seinem Katalogbeitrag, tatsächlich absolut jeden Zweifel an dem dicken Mann ohne Hals auszuräumen, so als sei dieser lediglich aufgrund ungerechter und hämischer Kritiken einiger unverbesserlicher Linksradikaler zu einer der umstrittensten Figuren – um es vorsichtig zu sagen – in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik geworden.
Alles wie immer? Von wegen!
Da wagen es diese Ausstellungsmacher doch tatsächlich, kritische Hinweise auf den bayerischen Übervater zu zeigen, ja, es finden sich gar hämische Plakate, die die unendliche Weisheit des FJS infrage zu stellen scheinen: der berühmte Staeck von 1972, mit der Bild-Schlagzeile in Strauß-Händen „Juso beißt wehrloses Kind“, oder das „Stoppt Strauß“-Signet, das anlässlich seiner Kanzlerkandidatur zum Bundestagswahlkampf im Jahre 1980 entstand. Eine Majestätsbeleidigung also anlässlich des 100. Geburtstags von Strauß, garniert mit verwerflichen Spiegel-Titelblättern?
FJS: unglaublich bedeutend
Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1; Bis 2. August, Eintritt täglich außer Montag 10 bis 18 Uhr; Katalog (128 S.) 19,90 Euro
Gemach. In dieser sehenswerten Ausstellung geht es um die Inszenierung eines deutschen Spitzenpolitikers, und da gehören die politischen Gegner zweifellos hinzu, haben doch auch sie ihren Teil dazu beigetragen, das Strauß-Bild zu erzeugen: vom liebevollen und brutalen Politiker, vom Verfechter deutscher Interessen und kalten Krieger, vom gütigen Landesvater und bayerischem Bierdimpfl.
Vor allem aber dienen diese Anti-Strauß-Devotionalien dazu, Franz Josef Strauß erst recht in die weltgeschichtliche Bedeutung zu erheben, die er in den Augen christsozialer Historiker verdient – denn wer so viel Spott, Häme und Gegnerschaft auf sich versammelt, der war eben nicht nur umstritten, sondern vor allen Dingen eins: unglaublich bedeutend.
Und so erfüllen die Vollands und Staecks, die da nun im Museum hängen, das genaue Gegenteil dessen, wozu man sie ursprünglich einmal konzipiert hat. Sie vervollständigen den Mythos dieses Politikers. Sie werden zum Beweis dafür, dass Strauß nicht etwa auch ein bisweilen zaudernder, leicht zu kränkender Mann gewesen ist, sondern der letzte große bayerische Staatsmann.
Franz Josef Strauß ist rund 30 Jahre nach seinem Tod endgültig in den Olymp der Politik aufgestiegen. Er ist zur historischen Figur geworden, und als solche schwebt er über den kleinkarierten Diskussionen vergangener politischer Episoden. Seine historische Bedeutung ist so gestiegen, wie seine eigenen Überzeugungen von den Zeitläuften dahingerafft worden sind.
„Lieber ein kalter Krieger als ein warmer Bruder“, so lautete eine typische Strauß-Weisheit, in diesem Fall von 1971, mit der er sich der Hoheit über die Stammtische sicher sein konnte. Tempi passati. Inzwischen kämpft die Union ihre letzten Rückzugsgefechte gegen eine echte Homo-Ehe – und FJS hängt im Museum.
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