Außenseiter auf Augenhöhe: Färöers Fußballer glänzen dank KI
Die Bilanz der färingischen Kicker zeugt von Unabhängigkeit. In der Conference League schlägt sich das Team Klaksvíkar Ítróttarfelag wacker.
R eden wir von der Conference League und ihrer politischen Bedeutung. Am heutigen Donnerstag spielt nämlich Klaksvíkar Ítróttarfelag, Fußballmeister der Färöer, in Frankreich beim OS Lille, Hinspiel 0:0. Ende Oktober hat der KI, wie man den Klub recht modern abkürzt, einen sensationellen 3:0-Heimsieg über Olimpija Ljubljana gefeiert. Vier Punkte hat KI nun in der Gruppe A der Conference League. Damit ist zwar die K.o.-Runde verpasst, aber wieder einmal hat ein Team von den Färöern ein Zeichen gesetzt.
Schon der 1:0-Sieg über Österreich am 12. September 1990 war historisch. Es war ein Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft 1992, das im schwedischen Landskrona stattfinden musste, weil die Uefa die windigen Kunstrasenplätze auf der Insel nicht akzeptierte. Ehe sich die Färöer für Schweden als Ersatzaustragungsort entschieden, hatten sie noch ein Angebot aus Hamburg-Altona zu prüfen. Weil Altona über 200 Jahre lang dänisch war, bis 1864, glaubte man dort, es sei eine gute Idee, den Färöern in der Adolf-Jäger-Kampfbahn in Ottensen „Heimrecht“ einzuräumen. Die Färöer lehnten ab.
Das 1:0 über Österreich gehört zu den politisch bedeutendsten Signalen, die von der Insel in Richtung Dänemark gesandt wurden. In dieser EM-Qualifikation gelang noch ein 1:1 gegen Nordirland, ein 1:1 gegen die Türkei. Gegen Dänemark allerdings verloren die färingischen Kicker 1:4 und 0:4.
Färöers Niederlagen werden von der Weltöffentlichkeit nur gelangweilt zur Kenntnis genommen und abgehakt. Die Erfolge aber machen den Namen der Färöer und ihren Autonomieanspruch in aller Welt bekannt. Seit über 150 Jahren kämpfen die mittlerweile 53.000 Einwohner der Insel für ihre Unabhängigkeit von Dänemark. Einer der größten Erfolge auf diesem Weg war die 1979 erfolgte Gründung eines eigenen Fußballverbandes, der 1988 von der Fifa aufgenommen wurde.
Rudi und die Brechstange
Der Sieg über Österreich blieb nicht der einzige Triumph. Als das Team in der Qualifikation zur EM 2004 gegen Schottland nach zwölf Minuten 2:0 führte – es endete letztlich 2:2 –, geriet der damalige Trainer Schottlands, Berti Vogts, recht heftig in die Kritik.
In der selben Qualifikation kickten die Färöer auch gegen die DFB-Auswahl. Einmal verloren sie 1:2, ein anderes Mal hielten sie 89 Minuten lang ein 0:0, ehe Klose und Bobic trafen. „Gegen einen solchen Gegner kann man nicht glänzen, da geht es nur mit der Brechstange“, analysierte Bundestrainer Rudi Völler, als sei er dänischer Verteidigungsminister.
Auch seither ist die Fußballbilanz der Färöer nicht schlecht. Ein 2:1-Sieg über Litauen 2009, ein 2:0 über Estland 2011, ein 2:1 über Griechenland 2015 und noch ein 1:0 über Andorra. Außerdem immer wieder Unentschieden oder verdammt knappe Niederlagen gegen renommierte Gegner. Es ist dieses Agieren auf Augenhöhe, das den Anspruch der Inseln auf völkerrechtliche Unabhängigkeit unterstreicht. Nach den Erfolgen im Fußball reklamierte im Jahr 2021 die Regierung der Färöer zudem das Recht für sich, als eigenständige Nation, unabhängig von Dänemark, an Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen.
Und in diesen Tagen ist es Klaksvíkar Ítróttarfelag, das für sportlich-politisches Aufsehen sorgt. Ausnahmsweise ist es also nicht eine Färöer-Nationalmannschaft, sondern, hier liegt eine besondere Bedeutung, es ist ein einzelner Fußballklub, ein Vertreter der färingischen Gesellschaft. Die Männer-Mannschaft von KI ist es, die mit Achtungserfolgen in der Conference League kickt.
Nächstes Mal reden wir von der Champions League und ihrer politischen Bedeutung. Die Frauen von KI sind dort regelmäßig vertreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr