piwik no script img

Ausschuss tagte zu SicherheitsvorfallGeheimniskrämerei um ergatterten Lageplan der JVA Burg

Nachdem ein interner Lageplan der JVA Burg in die Hände von Inhaftierten geriet, muss sich Sachsen-Anhalts Justizministerin im Rechtsausschuss äußern.

Prüft intern weitere Konsequenzen: Franziska Weidinger (CDU), Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz von Sachsen-Anhalt Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg taz | Keine fünf Minuten dauerte es am Mittwoch im Magdeburger Rechtsausschuss, bis Landes­justizministerin Franziska Weidinger (CDU) den öffentlichen Teil zum Sicherheitsleck in der JVA Burg beendete. Zwar sei ihr die Sorge in der Bevölkerung bezüglich der Sicherheit durchaus bewusst, so Weidinger. Allzu viel soll die Öffentlichkeit aber offenbar vorerst nicht erfahren. Denn es gehe auch um Sicherheitsvorkehrungen in der Justizvollzugsanstalt und um Persönlichkeitsrechte, so die Ministerin.

Nur kurz erzählt Weidinger noch, man prüfe intern weitere Konsequenzen. Zudem habe sie den Landrat des Landkreises Jerichower Land über den wesentlichen Sachverhalt informiert. Dabei sei ihr geschildert worden, dass es keine Bedenken oder Hinweise gebe, wonach die Sicherheit in der Region akut gefährdet wäre. Nun aber müsse der Ausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen, band Weidinger dann ab. Es folgte eine Abstimmung, ob die Sitzung vertraulich fortgeführt wird, der eine Mehrheit der Abgeordneten zustimmte.

Die taz konnte Lagepläne aller Räume und Etagen der JVA-Gebäude einsehen

Grund für all die Geheimniskrämerei ist eine Recherche der taz. Der war ein sensibler Übersichtsplan der Haftanstalt in Burg zugespielt worden, der offenbar unter den Gefangenen schon länger kursierte. Die taz konnte Lagepläne aller Räume und Etagen der unterschiedlichen Anstaltsgebäude einsehen. Auf DIN-A3-großen Papierbögen mit grünem Rand ist alles verzeichnet: Installationskanäle, Abstellkammern, Werkzeuglager, Brennstofflager, Schlüssel- und Saferaum, sogar die Orte, wo Waffen- und Munition zu finden sind.

Die Staatsanwaltschaft Stendal ermittelt nun gegen Un­bekannt wegen des Vorwurfs der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht. Es geht darum herauszufinden, wo diese Infor­mationen abgeflossen sind und wer darauf Zugriff hatte und eventuell noch hat.

Weiterer Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen

Die Gefängnisleitung in Burg wurde vorläufig vom Dienst freigestellt. Zudem gibt es ein Verfahren gegen die ehemalige Anstaltsleiterin und auch eine Untersuchung innerhalb des Justizministeriums.

Der Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel (Grüne) betonte nach der Sitzung, dass das Parlament sich sehr engagiert zeige, das Sicherheitsleck aufzuklären. Ein umfangreicher Maßnahmenkatalog sei vorgestellt worden, um die Sicherheit in der JVA zu gewährleisten. Es handle sich um den vielleicht schwersten Sicherheitsvorfall in Gefängnissen in der Geschichte von Sachsen-Anhalt. Entsprechend sei der Vorfall im Rechtsausschuss bewertet worden.

Am Rande der Sitzung wurde aber noch ein weiterer möglicher Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen bekannt. Bei einer Sitzung des Finanzausschusses im Landtag sei über den geplanten Bau der JVA in Halle gesprochen worden. Dabei sei den Ausschussmitgliedern ein viel zu detaillierter Plan der neu zu errichtenden JVA ausgeteilt worden. Grünen-Abgeordneter Striegel fragte Justizministerin Weidinger, wer Zugang zu diesen sicherheitsrelevanten Unterlagen habe und welche Unterlagen in dem Ausschuss ausgeteilt wurden. Weidinger konnte dazu nichts sagen, sie höre davon das erste Mal, sagte sie. Eva von Angern (Linke) bestätigte den Vorfall und sagte, es gebe Fotos dieses Plans. Sie verlangte ebenfalls Aufklärung.

Am 8. Januar 2025 tagt der Rechtsausschuss erneut in Magdeburg zu dem Sicherheitsvorfall in der JVA Burg. Dann sollen neue Erkenntnisse präsentiert werden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Wir wird denn so eine JVA gebaut? Hat da das Bau-, Innen-, oder Justizministerium eine fähige Truppe an der Hand, in der die, die solche Pläne sehen, verbeamtet sind?

    Nein, so etwas muss europaweit ausgeschrieben werden. Jede kleine Handwerker kann sich anmelden und die Unterlagen einsehen. Und die müssen möglichst vollständig sein, sonst gibt's hinterher Klagen.

  • Wieso sind derartige "Geheiminformationen" aus irgendeinem Knast in Deutschland für die taz relevant?



    Ist das vlt. so eine Art journalistischer Nostalgie aus einer lange vergangenen Zeit, in der keine Klimakrise, keine Globalisierung und kein Krieg wahrgenommen wurde, und man sich deshalb als Linker ausgiebig nabelschaumässig und als Ersatzhandlung auf die repressiven Herrschafts- und Unterdrückungsmethoden des westdeutschen Staats fokussieren konnte?

  • Interessant, wer in SH in einem Rechtsausschuss sitzt:

    "Tillschneider gilt als Akteur des rechtsextremen Flügels seiner Partei und war Sprecher der inzwischen aufgelösten Patriotischen Plattform der AfD. Tillschneider hat enge Kontakte zur rechtsextremen Identitären Bewegung und ist Mitbegründer des IB-nahen Kampagnennetzwerks Ein Prozent für unser Land. Er kooperiert eng mit dem Institut für Staatspolitik und dem Monatsmagazin Compact, die beide auch an Ein Prozent beteiligt sind. Entsprechend wird er der „Neuen Rechten“ zugeordnet. Am 13. Februar 2020 wurde bekannt, dass er – neben Björn Höcke und Andreas Kalbitz – seit Jahresbeginn vom Verfassungsschutz beobachtet wird." Wikipedia