Ausbildung zu Pflegeassistenten: Crash-Kurs für Hartz-IV-Pfleger
Die Krankenkassen legen das Ausbildungskonzept für Arbeitslose vor, die künftig Demenzkranke betreuen sollen. Bis Ende 2009 gilt: Nach 30 Stunden Schulung sind sie Pflegeassistent.
BERLIN taz Der Einsatz von Arbeitslosen zur Betreuung von Demenzkranken sorgt weiter für Diskussionen. Die gesetzlichen Krankenkassen haben nun ein Ausbildungskonzept für die künftigen Pflegeassistenten vorgelegt. Es sieht 160 Unterrichtsstunden vor, in denen die Helfer unter anderem Grundkenntnisse über das Krankheitsbild erwerben und einen Erste-Hilfe-Kurs belegen. Hinzu kommt ein zweiwöchiges Praktikum in einem Pflegeheim. Berufsfremde absolvieren zudem ein fünftägiges Orientierungspraktikum. Das Gesundheitsministerium muss den Entwurf genehmigen.
Die seit Juli geltende Pflegereform ermöglicht es den Heimen, für jeweils 25 Demenzkranke eine zusätzliche Betreuungskraft einstellen. Diese soll die Pflegebedürftigen bei einfachen Alltagsaktivitäten begleiten - ihnen beispielsweise vorlesen oder mit ihnen spazieren gehen. Bis zu 10.000 neue Stellen könnten bundesweit so in den Einrichtungen entstehen, schätzen die Pflegekassen.
Die Kassen betonen, dass vorrangig Menschen mit Vorerfahrung in der Pflege rekrutiert werden sollen. Doch sie schließen nicht, auch fachfremde Langzeitarbeitslose nach der Kurzausbildung in den Heimen unterzubringen (die taz berichtete).
Die Wohlfahrtsverbände warnen darum vor einer Schmalspurschulung. Die gesetzlichen Krankenversicherungen haben bei der Ausbildung in den vergangenen Wochen offenbar Abstriche gemacht: Der Bundesverband privater Anbieter pochte im Juli auf eine weniger umfangreiche Ausbildung, etwa beim theoretischen Unterricht.
Vor allem aber, so fordern es die Privaten, sollen die Betreuungskräfte gleich und nicht erst nach Abschluss der Ausbildung eingesetzt werden. Die Richtlinie der Kassen kommt diesem Wunsch der privaten Heimbetreiber entgegen: Bis Ende 2009 gilt eine Übergangsreglung, nach der die angehenden Pflegeassistenten schon nach einem 30-stündigen Einführungskurs auf den Stationen mitanpacken. Die restlichen Qualifikationen erwerben sie neben der Arbeit.
Bernhard Roth graust es vor solchen Crashkursen. Er ist Geschäftsführer eines Pflegeheims des Arbeiter-Samariter-Bundes in Homburg im Saarland. Seit April setzt er zwei 1-Euro-Jobber als zusätzliche Betreuer auf der Demenzstation ein. "Wir wollten wissen, ob Langzeitarbeitslose den Pflegebedürftigen einfache Unterhaltungsmöglichkeiten wie Vorlesen oder Spazierengehen bieten können."
Roths Fazit: Besser nicht. Die Stellen müssten seiner Meinung nach mit professionellen Altenpflegern, am besten mit Sozialpädagogen besetzt werden. Die Betreuung von Demenzkranken sei eine anspruchsvolle Aufgabe. "Es geht ja nicht nur ums Basteln."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen