Ausbildung in Berlin: Unternehmen ohne Nachwuchs
Viel zu wenige Betriebe bilden aus, kritisiert der Berliner Senat – trotz Fachkräftemangel.
Der Fachkräftemangel in Berlin wird größer: Wenn Unternehmen solche Fachkräfte suchen, konnten sie im vergangenen Jahr bei 30 Prozent der Stellen niemanden finden. Das ergibt eine Befragung von Arbeitgebern, deren Ergebnisse Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) am Dienstag vorstellte. Zwei Jahre zuvor blieben lediglich 24 Prozent der Fachkräfte-Stellen unbesetzt.
Gleichzeitig bilden immer weniger Betriebe in Berlin aus: 2013 waren es 19 Prozent. „Das ist ein Tiefstand“, sagte Kolat. In den Jahren zuvor hatte die Quote noch bei 21 Prozent gelegen. „Das ist eine Mentalität, die sich unter den Betrieben eingestellt hat: Na ja, wenn ich die Fachkräfte in ein paar Jahren brauche, dann werden sie schon da sein.“ Dies ist aber inakzeptabel, findet Kolat: „Meine Befürchtung ist, dass wir in einigen Jahren aufgrund dieser schwachen Ausbildungsquoten in Berlin ernsthaft zusätzlich ein Fachkräfteproblem kriegen.“ Ihr Appell: „Wer heute nicht ausbildet, dem fehlen morgen die Fachkräfte.“ Bundesweit bilden 29 Prozent der Betriebe aus.
Senatssprecher Richard Meng ergänzte, dass die Unternehmen versuchen, die Imagekampagnen des Senats für Berlin für ihre Zwecke umzufunktionieren. „Da erlebt man immer wieder, dass von der Wirtschaft die Bitte kommt: Werbt doch auch um Fachkräfte, wir brauchen doch in Zukunft Fachkräfte.“ Das mache man gerne, sagte Meng, aber „dazu zählt auch, dass man sich in Berlin um Fachkräfte kümmert und nicht glaubt, dass man die sozusagen einfliegen kann.“ Es werde „offenbar zu einfach in der Wirtschaft gedacht, das kriegen wir schon über Zuwanderung gelöst, über Anwerbung“.
Kolat ergänzte, der Fachkräftemangel eröffne andererseits „auch arbeitslosen Berlinerinnen und Berlinern Chancen, durch wirksame und nachhaltige Qualifizierung neue Beschäftigungsperspektiven zu geben“.
Der Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK), Leif Erichsen, erläuterte, die niedrige Ausbildungsquote sei begründet durch die besondere wirtschaftliche Struktur der Hauptstadt mit wenig Industrie und wenig mittelständischen Unternehmen. Zudem seien die Schulabgänger oft schlecht geeignet: 34 Prozent der Ausbildungsbetriebe hätten im vergangenen Jahr nicht alle angebotenen Plätze besetzen können, etwa 4 Prozent hätten keine einzige Bewerbung bekommen.
Kaum Übernahmen
In Berlin werden allerdings auch ungewöhnlich wenige Absolventen nach einer Ausbildung von den Betrieben übernommen: 23 Prozent erhalten nur einen unbefristeten Job bei ihrem Ausbildungsbetrieb, 36 Prozent einen befristeten und 41 Prozent werden nicht übernommen – 8 Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt.
Die wirtschaftliche Struktur Berlins sorgt aus Sicht von Kolat allerdings auch dafür, dass Berlin krisenresistenter ist: Ein Abschwung trifft die Industrie erfahrungsgemäß härter als Dienstleistungsbranchen. Im September waren 198.000 Menschen in Berlin arbeitslos gemeldet. Die Quote beträgt damit 10,6 Prozent. Berlin liegt damit auf dem vorletzten Platz, gefolgt nur noch von Bremen. Am geringsten ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor im Bundesland Bayern mit 3,7 Prozent.
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