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Ausbau der MittelweserReeder drohen mit Lastern

Das Bundesverkehrsministerium will die Mittelweser nicht weiter ausbauen. Die Folge wäre mehr Verkehr auf den Straßen, mahnen Wirtschaftsvertreter.

Für Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD, r.) läuft's noch flüssig auf der Mittelweser Foto: Peter Steffen/dpa

BREMEN taz | Der „Wirtschaftsverband Weser“ macht Druck: Wenn der Ausbau der Mittelweser sich weiter verzögert, könnte es auf den Straßen der Mittelweser-Region wesentlich mehr Verkehr geben. Das mahnen die vom Wirtschaftsverband vertretenen Unternehmer in einer gemeinsamen Erklärung an.

Allein bei Sand- und Kiestransporten könnte es 20.000 zusätzliche LKW-Fahrten geben. Derzeit werden jährlich rund 2,5 Millionen Tonnen Sand und Kies auf Binnenschiffen zwischen Bremen und Minden transportiert. Diese seien fest in die Produktion eingeplant. Das bedeute: Wenn nicht mehr sicher ist, dass der Kies per Schiff pünktlich ankommt, könnten die Unternehmen auf LKW umsteigen.

Dieses Drohszenario entwickeln nun die Unternehmen, weil der Bund seit mehr als einem Jahr den weiteren Ausbau der Mittelweser ablehnt. Konkret gehe es um die „Uferrückverlegung“ in neun weiteren Kurven der Mittelweser, was bedeutet, das Flussbett zu verbreitern. Denn wenn dort in Zukunft die 110 Meter langen „Großmotorschiffe“ fahren und sich begegnen, dann werden manche Flussbiegungen zu eng. Warten geht nicht – denn die Abnehmer von Sand und Kies wollen nicht warten.

„Zügiger Ausbau“

„Man kann nicht über Jahre hinweg hohe Millionenbeträge investieren in Minden, Bremen oder anderen Orten, um dann am Ende mit Engpässen im Fluss stehen zu bleiben“, sagt der Bremer Bundestagsabgeordnete Uwe Beckmeyer von der SPD, der gleichzeitig parlamentarischer Staatssekretär und Maritimer Koordinator im Bundesverkehrsministerium ist.

Aber wird es „Engpässe“ wegen der engen Flussbiegungen geben? Der Ausbau der Mittelweser war schon 1998 beschlossen worden. Dann hatten im Jahr 2011 die Bremer Grünen in den Koalitionsverhandlungen Bedenken angemeldet, sich aber nicht durchsetzen können. In den derzeit gültigen Koalitionsvereinbarung von 2015 heißt es, man werde sich für den „zügigen Ausbau der Wasserstraße für Großmotorgüterschiffe einsetzen“ und den Bremer Investitionsanteil „verbindlich regeln“.

Allerdings hatte sich Bremen schon im Jahre 2011 wegen erheblicher Kostensteigerungen darauf verständigt, anders als ursprünglich beabsichtigt den Ausbau von dem sich entwickelnden Verkehrsaufkommen abhängig zu machen.

Die Prognosen der Reeder seien überhöht, davon ist das Bundesverkehrsministerium überzeugt. Erst wenn die Großmotorschiffe in der prognostizierten Zahl kommen, bauen wir aus, sagte daher das Ministerium. Wenn die Mittelweser nicht ausgebaut wird, kommen diese Schiffe nicht, kontert der Wirtschaftsverband Weser.

Weniger Großmotorschiffe

Die Skepsis des Bundesverkehrsministeriums gründet sich auf Simulationen des Schiffsverkehrs im Jahr 2030. Die Experten des Bundes rechnen mit einer deutlichen Reduzierung von Kohle- und Mineralöltransporten wegen der Energiewende und mit wenigen Großmotorschiffen auf der Weser. Denn für diese Großmotorgüterschiffe seien die Wassertiefen zu gering. Und die gesamte Mittelweser weiter auszubaggern, nur damit die Kies-Transporte in größeren Schiffen etwas billiger werden, das fordert bisher nicht einmal der Wirtschaftsverband Weser.

Da die Anzahl der Schiffe insgesamt aber dennoch zunehmen werde, könnte eine Fahrt von Bremen nach Minden drei Stunden länger dauern – das zeigte die Simulation. Das liegt aber nicht daran, dass einzelne Schiffe ihre Fahrt langsamer planen müssen, wenn sie sonst in einer zu engen Kurve Gegenverkehr hätten, sondern weil es vor den Schleusen Staus geben wird.

Um die Argumente, die schon im Herbst 2015 aktuell waren, noch einmal zu überprüfen, hat der Bund im April 2016 zwei Wochen lang eine „Versuchsfahrt“ mit einem Großmotorschiff auf der Mittelweser simuliert. Der Bund sieht sich dadurch in seiner Sicht der Dinge bestätigt: „Lediglich an einigen Engstellen werden wir die Regelungsstrecken beziehungsweise die Begegnungs- und Wartestellen noch besser beschildern“, erklärte die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) des Bundes.

Druck über Kontakte

Der Ausbau einiger Schleusen, der im August 2017 abgeschlossen sein soll, und die bisher erfolgten Uferrückverlegungen reichten aus. Zudem würde eine Ausweitung der Schleusen-Zeiten in den Abend und die Nacht die Wartezeiten verkürzen. Das aber wiederum lehnt der Wirtschaftsverband ab – wenn die Schiffe nachts durch die Schleusen sollen, müssten sie mit zwei Schichten fahren – und das wäre zu teuer, sagt deren Geschäftsführer Ralf Heinrich. Die Schiffe seien als Alternative zum LKW nur interessant, wenn sie zu „konkurrenzfähigen Preisen Güter transportieren“ könnten.

Der Interessenkonflikt liegt auf der Hand: Den Ausbau der Mittelweser müsste der Staat finanzieren, Verzögerungen auf der Mittelweser gingen zu Lasten der Reeder.

Warum also im Frühjahr 2017 eine neue Presseerklärung mit alten Argumenten? Der Wirtschaftsverband Weser und die Reeder versuchen offenbar, über ihre politischen Kontakte Druck auszuüben. Niedersachsen beteiligt sich nicht an den Kosten für den Mittelweser-Ausbau – und fordert ihn lautstark. Darunter auch der Bürgermeister der Samtgemeinde Mittelweser, Jens Beckmeyer (SPD), in dessen Region einige Unternehmen Kies abbauen.

Er sei aber nicht mit dem Staatssekretär Uwe Beckmeyer verwandt, betont er. In Bremen rührt nur die FDP für die Lobby des Wirtschaftsverbandes Weser die Werbetrommel.

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