Aus fürs Bombodrom: Die Heide setzt auf Aufschwung
Nach Jungs Entscheidung gegen den Luft-Boden-Schießplatz in Brandenburg rechnet die lokale Wirtschaft mit einem Investitionsschub.
BERLIN taz | Nach dem endgültigen Aus für den geplanten Truppenübungsplatz "Bombodrom" in der Kyritz-Ruppiner Heide (Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern) hofft die Region auf wirtschaftlichen Aufschwung. Zwar hatte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bei der Verkündung der Entscheidung noch davon gesprochen, dass nun "Investitionen und Infrastrukturmaßnahmen" nicht durchgeführt würden. Doch davon lassen sich die Anwohner nicht beeindrucken.
"Mir ist nicht bekannt, dass irgendwelche Investitionen geplant waren, außer dem Bau einer Kaserne in Wittstock. Und selbst dazu gab es nie einen richtigen Beschluss", sagt Jens-Peter Golde, Bürgermeister von Neuruppin und Vorsitzender der Bürgerinitiative (BI) Pro Heide. Auch der Sprecher des Landkreises Ostprignitz-Ruppin, in dem das Gebiet des geplanten Truppenübungplatzes liegt, weiß abgesehen von der Kaserne für 800 Soldaten nichts von geplanten Investitionen.
300 Arbeitsplätze wollte die Bundeswehr nach Angabe der Bürgerinitiativen dadurch schaffen. Doch Golde bleibt skeptisch: "So eine Bundeswehrkaserne hat ein Catering drin, da geht auch keiner abends draußen ein Bier trinken." Im Gegenteil: Auf Grundlage einer Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam, die für den Fall der Inbetriebnahme des Bombodroms Umsatzverluste in der regionalen Tourismusbranche in Höhe von 5 bis 10 Prozent annahm, befürchteten die Gegner den Abbau von rund 15.000 Arbeitsplätzen,weil derartige Verluste in vielen Fällen direkt zur Insolvenz geführt hätten.
Detlef Gottschling, Sprecher der IHK Potsdam, stützt die These, dass die Entscheidung gegen das Bombodrom die Region nun wirtschaftlich stärken werde: "Die unklare Situation hat dazu geführt, dass nie jemand richtig in die Investitionskasse gegriffen hat", erklärt er. Immer wieder hätten Unternehmen angekündigt, investieren zu wollen - wenn denn feststünde, dass der Luft-Boden-Schießplatz nicht käme. Die IHK-Studie sieht ein zusätzliches Umsatzpotenzial der Tourismusbranche in der Region von 50 Millionen Euro pro Jahr.
Dennoch könnte die Bundeswehr zumindest kurzfristig Arbeitsplätze schaffen. "Das Gelände soll noch in diesem Jahr an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben übergeben werden", weiß Golde. Damit bleibe der Bund für die Dekontaminierung verantwortlich. Die brandenburgische Linksfraktion forderte die Bundesregierung daher auf, für Munitionsbeseitigung vorgesehene Mittel in Höhe von 210 Millionen Euro freizugeben. Das Verteidigungsministerium war jedoch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
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