Aus den Filmarchiven: Die Sache mit der Hauptfigur
Fritz Lang ist von seiner Hollywood-Seite zu sehen, der Venedig-Gewinner „200 Meters“ läuft im Lichtblick und Dokumentarfilm geht auch anders.
S ein erster Film in Hollywood: Mit „Fury“ ließ Fritz Lang die epischen und abenteuerlichen Stoffe hinter sich, deren Inszenierung ihm einst den Status des gefeierten Regie-Stars der Ufa verschafft hatte, und erhob den Durchschnittsbürger zur Hauptfigur. Doch der grundanständige Joe Wilson (Spencer Tracy) erlebt anstelle des „Amerikanischen Traumes“ vom sozialen Aufstieg einen Albtraum: In einem kleinen Provinznest wird er mit einem Kidnapper verwechselt und ins Gefängnis geworfen, das von einem Lynchmob niedergebrannt wird.
Joe, der nur durch einen Zufall dem Tode entrinnt, lanciert in der Folge gefälschte Beweise, die zur Verurteilung seiner Peiniger wegen Mordes führen. Zwar besinnt er sich schließlich eines Besseren, doch sein Glaube an Gerechtigkeit und Menschlichkeit ist für immer verloren. Einerseits repräsentiert der Film Fritz Langs düsteres Universum von Schuld und Rache in all seinen Facetten, zugleich erkennt man aber auch das Interesse des Regisseurs an sozialen Themen. Das Zeughauskino spielt „Fury“ in seiner Reihe „Das andere Amerika“, das die Rezeption von tatsächlich oder vermeintlich amerikakritischen Filmen in der DDR erkundet (19.1., 19 Uhr, Zeughauskino).
Zu einem Zeitpunkt, an dem sich das Verhältnis von Israel und den Palästinensern einmal mehr am absoluten Nullpunkt befindet, zeigt das Lichtblick Kino noch einmal den interessanten Film „200 Meters“, der 2020 beim Festival von Venedig den Publikumspreis gewann und 2021 in Berlin auf dem Arabischen Filmfestival ALFILM zu sehen war. Regisseur Ameen Nayfeh erzählt in seinem zwischen Familiendrama und Road Movie oszillierenden Debütspielfilm von einer absurden Situation: Während die Hauptfigur Mustafa in der palästinensischen Westbank lebt, wohnen seine Frau Salwa und die Kinder nur 200 Meter entfernt in Israel – dazwischen steht eine Mauer.
Sein Anrecht auf eine Aufenthaltsgenehmigung und eine permanente Arbeitserlaubnis in Israel lehnt Mustafa grundsätzlich ab, also muss er mit einem Schleuser über die Grenze, als sein Sohn nach einem Unfall in einem israelischen Krankenhaus liegt. Der Film erkundet die häuslichen Probleme, die sich aus der Situation ergeben, wirft aber auch ein Licht auf die Probleme von Menschen, die – meist zur täglichen Arbeit – legal oder illegal die Grenze passieren müssen. Im Anschluss an die Vorführung gibt es eine Diskussion mit der in Berlin lebenden palästinensischen Autorin und Philosophin Yasmeen Daher (22.1., 19.30 Uhr, Lichtblick Kino).
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Bedauerlicherweise hat das Fernsehen eine Form historischer Dokumentationen geprägt, die eine ganz besonders dumme Form des Re-enactments in den Mittelpunkt stellen: Man steckt irgendwelche Komparsen in Kostüme, lässt sie an historischen Stätten (oder in entsprechenden Dekorationen) ein wenig auf und ab gehen, legt eine Kommentarstimme darüber – und fertig ist eine Doku, in die so wenig Überlegung wie nur irgend möglich gesteckt wird. Denn das Publikum hält man sowieso grundsätzlich für zu blöd, etwas anderes zu begreifen als die simpelste Form der Doppelung von Bild- und Tonebene.
Natürlich war das auch einmal anders, und daran erinnert das Filmmuseum Potsdam in seiner lose fortgeführten Reihe „Museumsfilme“ mit zwei Werken des deutschen Dokumentarfilmers Curt Oertel: „Die steinernen Wunder von Naumburg“ (1932, über die berühmte Gruppe der Stifterfiguren im Dom) und „Michelangelo“ (1940) erzählen von ihren Themen ausschließlich über die fotografische und szenische Inszenierung von Kunstwerken. Eine Einführung hält Prof. Chris Wahl von der Filmuniversität Potsdam (23.1., 19 Uhr, Filmmuseum Potsdam).
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