Aufwandsentschädigung für Telefonfirmen: Die Betriebskosten der Überwachung
Telefon- und Internetfirmen, die der Polizei helfen, bekommen bald mehr Geld. Dies sieht ein neues Gesetz vor, das nur noch durch den Bundesrat muss.
Freiburg taz Bald wird staatliche Überwachung etwas erträglicher, zumindest für die Telefon- und Internetfirmen. Sie sollen für ihre Mithilfe künftig nämlich besser bezahlt werden. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag vor Weihnachten beschlossen. Es könnte aber noch Probleme im Bundesrat und mit dem Bundesverfassungsgericht geben.
Die Einrichtung einer Telefonüberwachung wird in Zukunft mit 100 Euro vergütet, hinzu kommen bei einem DSL-Anschluss 125 Euro Leitungskosten pro Monat. Die Auskunft über den Standort eines Mobiltelefons kostet den Staat 90 Euro. Recht billig ist dagegen die Zuordnung einer IP-Adresse zu einem Computernutzer. Die so genannten Bestandsdaten gibt es schon für 18 bis 35 Euro. Das alles sieht die geplante Neuregelung des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes vor.
Bisher wurden die Telefon- und Internetfirmen je nach aufgewandter Zeit entschädigt. Abrechnen konnten sie allerdings nur 17 Euro pro Stunde - wie ein Zeuge vor Gericht. Das war den Firmen viel zu wenig, denn die Löhne in der IT-Branche sind deutlich höher. Künftig gibt es Pauschalen, die nicht nur nur mehr Geld bringen, sondern auch umständliche Abrechnungen ersparen. Doch obwohl diese Grundidee weithin auf Zustimmung stößt, sind viele Firmen unzufrieden. Pauschalen erhalten nämlich nur die Unternehmen, bei denen die Polizei auch Daten anfordert. Viele Telekom-Firmen haben aber nur Business-Kunden und keine Endverbraucher. Sie müssen zwar teure Bereitschaftsdienste organisieren, diese werden jedoch von der Polizei so gut wie nie genutzt.
Zudem wird von allen Firmen kritisiert, dass nur die Betriebskosten der Überwachung bezahlt werden, nicht aber die vorhergehenden Investitionen. Vor allem für die seit 2008 geltende Vorratsdatenspeicherung musste viel Geld ausgegeben werden. Von 75 Millionen Euro sprechen Bitkom und VATM, die Verbände der Telekom-Branche. Sogar 332 Millionen Euro sollen in der Internet-Branche aufgewandt worden sein, so deren Verband eco. Der Großteil der Kosten sei für neue Software bezahlt worden, die oft eigens geschrieben werden musste. Zusätzliche Speicherkapazitäten spielten nur eine Nebenrolle. Bei den Investionskosten will die große Koalition eventuell nächstes Jahr noch einmal verhandeln.
Möglicherweise wird der Bundestag aber auch zur Nachbesserung gezwungen. Eine handfeste Warnung kam im Oktober zum Beispiel vom Verwaltungsgericht Berlin. So muss die deutsche Tochter von British Telecom, die ebenfalls fast nur Geschäftskunden hat, vorerst nicht an der Vorratsdatenspeicherung teilnehmen. Gegen den Eilbeschluss hat die Bundesregierung allerdings Beschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
Letztlich ist es eine Grundsatzfrage, ob der Staat die Überwachungskosten ersetzen muss, die er bei privaten Firmen verursacht. Demnächst wird sie vom Bundesverfassungsgericht entschieden. Denn dort ist schon ein anderer Fall aus Berlin anhängig, bei dem die Firma Cable and Wireless geklagt hat. Sie unterhält Vermittlungsstellen für Auslandstelefonate, so genannte "Auslandsköpfe", und will die Technik zu deren Überwachung nicht ohne Entschädigung anschaffen. Juristisch kommt es darauf an, ob die gesetzlich verlangten Investitionen als "Sonderopfer" eingestuft werden - dann muss entschädigt werden - oder doch nur als allgemeine staatsbürgerliche Pflicht.
Doch bevor Karlsruhe über die ganz große Frage entscheidet, wird sich zeigen, ob überhaupt die geplante kleine Verbesserung für die Firmen zustandekommt. Das Entschädigungsgesetz ist zwar im Bundestag mit den Stimmen der großen Koalition beschlossen worden, die Bundesländer sind von der Neuregelung aber nicht begeistert. Denn sie können die Überwachungskosten nur dann auf verurteilte Straftäter abwälzen, wenn es überhaupt zu einer Verurteilung kommt und wenn der Täter auch genug Geld für die Gerichtskosten hat. Am Ende werden die Kosten also meist bei den Ländern hängenbleiben.
Nach Ansicht des Bundesjustizministeriums haben die Länder bei diesem Gesetz zwar kein Vetorecht. Doch das sieht der Bundesrat voraussichtlich anders. Das bisher wenig beachtete Gesetz könnte also noch für großen Ärger sorgen.
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