Aufregung bei der „Süddeutschen Zeitung“: Maulwurfsjagd in Zamdorf
Die „Süddeutsche Zeitung“ steht in der Kritik. Das hat mit angeblichen Plagiaten ihrer Vize-Chefin zu tun – und einem Informanten im Haus.
Nötig wurde die Aktion aus Sicht der Chefredaktion, weil detaillierte Informationen aus einer Redaktionskonferenz offenbar beim Medieninsider gelandet waren – was aus SZ-Sicht eindeutig auf einen Informanten im eigenen Team hindeutete. „Die Detailgenauigkeit und Fülle von Zitaten begründeten den Verdacht, dass offenbar die gesamte Konferenz abgehört bzw. womöglich gar aufgenommen und im Wortlaut an Dritte weitergegeben worden war“, hieß es in einer Stellungnahme von Chefredaktion, Betriebsrat und Redaktionsausschuss, die die Zeitung „in eigener Sache“ veröffentlichte.
Der Erkenntnisgewinn für die Redaktion war gering; es gab keinen Hinweis auf entsprechende Kontakte über die Mailserver und Telefonnetze der SZ. Die Aufregung dagegen ist groß. So kritisiert die Organisation Reporter ohne Grenzen, dass die SZ den Maulwurf in den eigenen Reihen ausfindig machen möchte. Die Argumentation: Quellenschutz sei schließlich ein besonders hohes Gut im Journalismus. Gerade bei investigativen Recherchen sei vertrauliche Kommunikation unabdingbar.
Stellt sich nur die Frage: Was, wenn man nicht Subjekt, sondern Objekt einer solchen Recherche ist? Muss ein Medienhaus Recherchen gegen das eigene Unternehmen tatenlos dulden, gar unterstützen, nur weil es selbst journalistische Werte hochhält? Auf keinen Fall, findet die Chefredaktion der SZ und will denn auch ihre Aktion eher als Notwehr verstanden wissen. Konferenzen seien ein nichtöffentlicher, geschützter Rahmen. Die Diskussionen in den Konferenzen unterlägen dem Redaktionsgeheimnis. Für den Spott muss die SZ ohnehin nicht sorgen, zumal es erneut der Medieninsider war, der die bislang vergebliche Suche nach dem Leck im eigenen Haus öffentlich machte.
Hat die Chefin abgeschrieben?
Doch das ist nur der eine Strang der aktuellen SZ-Story. Im anderen geht es um just das, was auch Thema besagter, nach draußen kolportierter Redaktionskonferenz war: um die Frage, ob in der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, immerhin einer der renommiertesten deutschsprachigen Tageszeitungen, eine Journalistin sitzt, die es mit Quellen nicht immer ganz so genau nimmt.
Alexandra Föderl-Schmid, 53, ist seit 2020 stellvertretende Chefredakteurin der Zeitung. Der Medieninsider und dann auch andere Medien hatten der österreichischen Journalistin, die früher auch schon Chefredakteurin des Wiener Standards war, vorgeworfen, in ihren journalistischen Artikeln des Öfteren Passagen aus anderen Texten übernommen zu haben, ohne die Quellen zu nennen.
Jetzt kam noch ein weiterer Vorwurf hinzu: Föderl-Schmid soll auch in ihrer Dissertation, die sie 1996 an der Universität Salzburg einreichte, in nicht unerheblichem Maße abgeschrieben haben. Das behauptet zumindest der Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber.
Weber hat sich bereits einen Ruf als „Plagiatsjäger“ erworben. Neben etlichen Arbeiten österreichischer Autoren überprüfte er einer auf Wikipedia veröffentlichten Liste zufolge unter anderem die Dissertation des früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und ein Buch der damaligen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Während die Ruhr-Universität Bochum laut Spiegel zu dem Ergebnis kam, dass die Mängel in Lammerts Dissertation, anders als von Weber gefordert, keinen Entzug der Doktorwürde rechtfertigten, zog Baerbock ihr Buch aus dem Handel zurück.
Als Konsequenz dieser Vorwürfe gab die Süddeutsche am Montag bekannt, die Kollegin habe nun ihre ehemalige Uni um eine Überprüfung der Dissertation gebeten. „Bis zum Abschluss dieser Prüfungen wird sich Föderl-Schmid aus dem operativen Tagesgeschäft der SZ zurückziehen.“
Eine interessante Quelle gibt es indes noch: die Einnahmequelle von Stefan Weber. Seine Arbeit soll von dem rechtspopulistischen Medium Nius des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt finanziert worden sein – mit einem laut Weber niedrigen vierstelligen Betrag. Das wiederum berichtet nicht der Medieninsider, sondern der Spiegel.
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