Auf Du und Du mit dem Sperrwerk: Imperium schlägt los
■ Frontalangriff auf die Kassen von BUND, Nabu, LBU und WWF
Als erster schlug der König von Papenburg zu. Rudolf Seiters (CDU), Bundestagsabgeordneter und Vize-Parlamentspräsident, verlangte von der deutschen Wirtschaft, ihre Spendenpolitik für den Umweltschutz zu überdenken.
Seiters Wohnsitz ist Papenburg – Standort der Meyer-Werft. Die baut diese gigantischen Luxusliner, die künftig nur mit Aufstauung der Ems an die Küste gelangen können. Und dafür braucht man das Emssperrwerk, gegen das die Umweltverbände klagen.
Seiters ist der Platzhirsch im Wahlkreis. Neben ihm kann es nur Junghirsche geben. Einer davon ist der Bundestagsabgeordnete Reinhold Robbe (SPD) aus Leer. Nach einem fast einjährigen Baustopp, verhängt durch das Verwaltungsgericht Oldenburg, wird zur Zeit wieder an der Ems gebaut. Dagegen haben die Umweltverbände Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg eingelegt. SPD-Robbe ist empört: „Die Beschwerde der Umweltverbände ist ein Schlag ins Gesicht der Richter des Verwaltungsgerichtes.“ Auch er ruft zum generellen Spendenboykott gegen die Verbände auf.
Holger Wesermüller vom WWF-Bremen sitzt als „Umweltfunktionär“ in der ersten Reihe der Schusslinie: „Wir haben immer gesagt, Meyer ist eine tolle Werft, aber leider am falschen Standort. Das Sperrwerk zerstört Naturschutzgebiete, ein Stau des Emswassers erdrosselt den Fluss“, begründet Wesermüller die erneute Klage.
Zwischen allen Stühlen sitzt die CDU-Landtagsabgeordnete Hedwig Pruin. In einer kleinen Anfrage an die Landesregierung bittet sie um Aufklärung darüber, wieviel Steuern dem Land durch Spendenabschreibungen zugunsten von Umweltschutzverbänden durch die Lappen gehen. „Die Umweltverbände sollen den Fachleuten einfach glauben, wenn die große Bauwerke planen“, meint die CDU-Frau.
Den Frontalangriff auf die Kassen der Umweltverbände hätten sich die PolitikerInnen sparen können. Noch vor drei Jahren gab Niedersachsen 60 Millionen Mark für den Umweltschutz aus, heute sind es 29 Millionen Mark. Auf der anderen Seite engagieren sich die Verbände verstärkt in Ostfriesland. Sie managen einige der 15 Nationalparkeinrichtungen und betreuen unzählige Projekte. „Ein Spendenboykott ist absurd, er schadet der Region“, schüttelt ein Mitarbeiter eines Nationalparks den Kopf.
Tatsächlich möchten alle PolitikerInnen die Verbandsklage abschaffen. Danach haben Umweltverbände ein Mitsprache- und Klagerecht bei größeren Eingriffen in die Natur. Das Klagerecht bezieht sich allerdings nur auf formelle Planungsfehler. „Wenn die Planer des Sperrwerkes genauer ins Gesetz geschaut hätten, wären ihnen keine gerichtsverwertbaren Fehler unterlaufen“, meint ein Sprecher des BUND. Thomas Schumacher
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