Auf Antrag der Linken: Frankfurt am Main entkriminalisiert „Schwarzfahren“
Wer in der hessischen Stadt beim Fahren ohne Fahrschein erwischt wird, soll zwar zur Strafe noch zahlen müssen – aber nicht mehr ins Gefängnis.
Das bedeutet nicht, dass das Fahren ohne Fahrschein erlaubt wird. Es wird aber als Ordnungswidrigkeit behandelt, etwa wie Falschparken. Wer erwischt wird, muss auch weiterhin das „erhöhte Beförderungsentgelt“ von 60 Euro zahlen. Wiederholungstäter*innen müssen allerdings nicht mehr mit einer Gefängnisstrafe rechnen, wenn sie die Strafe nicht bezahlen wollen oder können.
Mit dem Beschluss reiht sich Frankfurt in eine Liste von Städten ein, in denen wiederholtes „Schwarzfahren“ nur noch als Ordnungswidrigkeit gilt. Darunter sind Bremen, Bremerhaven, Bonn, Dresden, Düsseldorf, Halle, Karlsruhe, Köln, Leipzig, Mainz, Münster, Potsdam und Wiesbaden.
„Fahren ohne Fahrschein ist ein Armutsdelikt. Niemand sollte wegen fehlender Fahrscheine ins Gefängnis kommen“, sagte Daniela Mehler-Würzbach, mobilitätspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung. Für S-Bahnen und Regionalbahnen, die überregional betrieben werden, gilt die neue Regelung allerdings nicht.
Immer wieder Vorstöße auf Bundesebene
Mehler-Würzbach forderte deshalb Frankfurts Mobilitätsdezernenten Wolfgang Siefert (Grüne) und dessen Wiesbadener Amts- und Parteikollegen Andreas Kowol auf, auch bei den umliegenden Gemeinden sowie beim Rhein-Main-Verkehrsverbund dafür zu werben, keine Strafanträge mehr zu stellen. „Es gilt Armut zu bekämpfen, nicht die Armen“, sagte sie.
Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert begrüßte den Beschluss. Er findet: „Es ist unverhältnismäßig, dass Menschen für das Fahren ohne gültigen Fahrschein ins Gefängnis gehen“.
Die Linke fordert die Stadt auf, den Verkehrsbetrieben nun „zügig“ die Weisung zu erteilen, „auf die Stellung eines Strafantrags bei Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ohne Fahrschein zu verzichten“.
Auch auf Bundesebene gibt es immer wieder Vorstöße für eine Abschwächung des „Schwarzfahr“-Paragraphens zur Ordnungswidrigkeit, bislang aber keinen Vollzug. Befürworter*innen argumentieren nicht nur mit Gerechtigkeit, sondern teils auch mit der Überlastung der Justiz. In Hessen beispielsweise hatte der damalige Justiz- und heutige Innenminister Roman Poseck (CDU) 2022 gesagt: Es sei nicht zu verkennen, dass die Verfolgung des „Schwarzfahrens“ als Straftat „erhebliche und eben möglicherweise auch unverhältnismäßige Ressourcen bindet“.
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