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Auch in Zukunft keine Schrotflinte hinter der Theke

■ Ein unbekanntes Pärchen soll 18 Überfälle auf Läden und Lokale verübt haben. Kneipiers und Polizei lehnen Bewaffnung zum Selbstschutz ab. Zahl der Überfalle nahm 1997 gegenüber 1996 zu

Trotz der einem Berliner Pärchen zugeschriebenen Überfallserie auf Gaststätten und Läden gebe es keine neue Welle der Raubkriminalität gegen Kneipen, sagt die Polizei. Die Zahlen weisen dagegen in die andere Richtung: Während 1996 nur 103 Überfälle auf Gaststätten registriert wurden, waren es im vergangenen Jahr immerhin 176. Bewaffnung zum Selbstschutz freilich sei keine Lösung, meinen übereinstimmend Polizei, Gaststätteninnung und Kneipiers: Die „Schrotflinte hinter der Theke“ wird allenthalben abgelehnt.

Das Schema der 18 Überfälle, die dem unbekannten, zwischen 18 und 25 Jahre alten Pärchen zugeschrieben werden, ist immer das gleiche: Die Räuber warten bis kurz vor Geschäftsschluß und betreten durch Seiteneingänge oder noch geöffnete Vordertüren das Objekt der Begierde. Mit einem Schrotgewehr und scharfer Pistole in der Hand scheint dann das Motto „Einschüchterung durch möglichst große Hektik“ zu heißen: Es wird viel herumgeschrien und dem Wirt die Knarre auch mal an den Kopf gehalten. So zuletzt geschehen in den frühen Morgenstunden des 9. Januar in der Kneipe Arcanoa in der Zossener Straße.

„Bonnie und Clyde“ vom Prenzlauer Berg (er: groß und hager mit Schrotflinte, sie: klein und zierlich mit Faustfeuerwaffe, polizeilicher Code: „Lulatsch und Bommel“) machen ihrem Spitznahmen alle Ehre. Das Duo steht seinen Idealen aus den Dreißigern also weder in der Quantität noch in der Skrupellosigkeit nach. Jedoch in der Auswahl. Denn die Ziele der beiden sind nicht die großen Geldinstitute, sondern eher kleine Geschäfte und Szenekneipen. So wurden seit Juni 1997 unter anderem das Lokal Donath in Prenzlauer Berg, der Bio-Laden am Mehringdamm oder der Hanfladen Flashback in der Cuvrystraße Opfer der beiden – Läden also, die ein solcher Gewinnausfall an den Rand des Ruins bringt. „Die haben bei uns etwa 700 Mark abgezogen“, erzählt eine Bedienung des Arcanoa.

Als Reaktion schickte die Kneipe nun einen Rundbrief heraus, in dem zur Prävention aufgerufen wird: Das Geld solle immer zwischendurch weggeschafft, Direktleitungen zur Polizei geschaltet und eine Türschließautomatik installiert werden. Eine „Aufrüstung“ lehnt das Arcanoa aber strikt ab: „Wir empfehlen, nicht den Helden zu spielen.“

Diese Einstellung teilt auch Heike Wille von der Gaststätteninnung, in der etwa zweitausend Berliner Lokale organisiert sind. „Wir empfehlen auf keinen Fall eine Bewaffnung“, so die Sprecherin. „Statt dessen gut sichtbare Tresore mit Briefschlitz, Alarmsysteme, die auch mit Fernbedienung ausgelöst werden können, die Möglichkeit der Kartenzahlung und mehr Personal nach 22 Uhr.“

Ratschläge, die sich mit denen der Polizei decken. Diese sieht durch die neue Serie jedoch keinen Anlaß zur generellen Hysterie: „Das sind Einzeltäter“, so ein Sprecher. Mehr Sorgen machte da schon die Überfallserie von letztem Frühjahr, der in kurzer Folge das E-Werk, der Toaster, das 90 Grad, das Boudoir und der Tränenpalast zum Opfer fielen. Diese mutmaßlich von einer türkisch/ arabischen Gang verübte Serie fiele unter das Stichwort „organisierte Kriminalität“, so der Sprecher. Tobias Riegel

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