Attentate von Toulouse: Elitepolizisten töten Mohammed Mehra
Der mutmaßliche Attentäter von Toulouse ist tot. Er starb nach einer Schießerei mit der Polizei. Zuvor war seine Wohnung 31 Stunden belagert worden.
TOULOUSE afp/dpa/rtr | Der mutmaßliche Serienattentäter von Toulouse ist tot. Das hat der französische Innenminister Claude Gueant bestätigt. Scharfschützen der französischen Polizei haben den mutmaßlichen Serienattentäter Mohammed Merah bei seinem Sprung aus dem Fenster am erschossen. Nach Polizeiangaben war der 23-Jährige bereits tot, als er am Boden aufschlug. Die Polizei hatte die Wohnung Merahs in Toulouse gegen elf Uhr gestürmt.
Mit Kameras erkundeten die Beamten nach Angaben von Innenminister Claude Guéant jedes Zimmer. Als sie das Badezimmer überprüfen wollten, kam der algerischstämmige Franzose um sich schießend heraus. Mehrere Polizisten seien verletzt worden. Mit der Waffe in der Hand sprang er aus dem Fenster. Mehra hatte sich zu drei Angriffen in den vergangenen Tagen bekannt, bei denen insgesamt sieben Menschen starben, darunter drei jüdische Kinder.
Vor dem seit weit mehr als 30 Stunden umstellten Haus waren zuvor schwere Schusswechsel zu hören. Minutenlang wurden Schüsse aus automatischen Waffen abgegeben. Der Verdächtige hatte sich seit dem frühen Mittwochmorgen in dem Haus verschanzt. Der Erstürmung der Wohnung waren drei schwere Explosionen vorausgegangen. Das berichteteten Augenzeugen vor Ort. Unmittelbar vor den Explosionen hatten sich Feuerwehrleute für einen Einsatz vorbereitet.
Schon in der Nacht hatte es Explosionen aus Richtung des Hauses gegeben, Berichte über den Beginn einer Erstürmung hatte das Innenministerium aber zurückgewiesen. Es gehe lediglich darum, den Verdächtigen einzuschüchtern, hatte ein Sprecher erklärt. Er habe offenbar seine Meinung geändert und wolle sich nicht ergeben.
Verteidigungsminister Gerard Longuet hatte am Mittwochabend dem TV-Sender TF1 gesagt, man wolle den mutmaßlichen Attentäter lebend ergreifen, um ihn vor Gericht stellen zu können. „Wir wollen seine Beweggründe erfahren und hoffentlich herausbekommen, wer seine Komplizen sind, falls es welche gibt.“ Mehra habe erklärt, er wolle mit der Waffe in der Hand sterben.
Widersprüche um Merah
Mohammed Merah wird vorgeworfen, für das Attentat am Montag verantwortlich zu sein. Dabei wurden drei Kinder und ein Lehrer vor einer jüdischen Schule erschossen. Außerdem steht er im Verdacht, Tage zuvor drei Fallschirmjäger getötet zu haben, die wie er aus Nordafrika stammten.
Merah handelte nach eigenem Bekunden im Namen von Al-Kaida. Der Franzose algerischer Herkunft gab Auslandseinsätze der französischen Armee und Rache für den Tod palästinensischer Kinder als Motiv an.
Der selbst erklärte Gotteskrieger war entgegen ersten Informationen bei seinen beiden Afghanistan-Aufenthalten nicht inhaftiert. Die Regierung der südafghanischen Provinz Kandahar dementierte entsprechende Angaben vehement. „Nach den gesamten Unterlagen der Justiz- und Sicherheitsbehörden in Kandahar haben wir nie einen französischen Staatsbürger namens Mohamed Merah inhaftiert“, teilte das Büro des Gouverneurs in der Nacht zum Donnerstag mit.
Es widersprach damit Angaben des Direktors des Zentralgefängnisses in Kandahar-Stadt, Ghulam Faruk. Faruk hatte am Mittwoch gesagt: „Wir haben Dokumente, die zeigen, dass Merah 2007 in Kandahars Zentralgefängnis unter unserer Obhut war.“ Dem Häftling sei danach die Flucht gelungen.
Attentate nutzen Sarkozy
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat indes nach den Anschlägen von Toulouse in der Wählergunst zugelegt. In der ersten Umfrage nach dem Angriff auf eine jüdische Schule lag der Staatschef zumindest für den ersten Wahlgang am 22. April in Führung: Danach würde er seinen sozialistischen Herausforderer Francois Hollande mit 30 zu 28 Prozent schlagen. Den entscheidenden zweiten Durchgang am 6. Mai würde Hollande der am Donnerstag veröffentlichten Umfrage zufolge allerdings unverändert mit einem Vorsprung von acht Prozentpunkten gewinnen.
Seit den Anschlägen eines mutmaßlichen Islamisten auf die jüdische Schule und mehrere französische Fallschirmjäger hat sich der in Bevölkerung ansonsten unpopuläre Sarkozy als Hüter der inneren Sicherheit präsentiert, während Hollande beiseitetreten musste. Sarkozys Krisenmanagement könnte Demoskopen zufolge daher wahlentscheidend sein. Allerdings hatte der Staatschef auch in vorangegangenen Umfragen zu seinem sozialistischen Rivalen aufgeschlossen.
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