piwik no script img

Attentäter sagt vor Gericht ausBreivik brüstet sich mit seinen Taten

Der norwegische Massenmörder behauptet, in Notwehr gehandelt zu haben. Er würde es wieder tun, erklärte Breivik vor Gericht. Ein Schöffe musste wegen Befangenheit ausgewechselt werden.

Der Angeklagte Anders Behring Breivik (r.) berät sich mit seinem Anwalt Tord Jordet. Bild: reuters

OSLO afp/dapd | Der Prozess gegen den norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik ist am Dienstag mit der Anhörung des Angeklagten fortgesetzt worden. Vor dem Gericht in Oslo verlas Breivik eine Erklärung. Er würde seine Anschläge im Regierungsviertel der norwegischen Hauptstadt und auf der Insel Utöya wiederholen, sagte Breivik.

Bei den Opfern auf Utöya habe es sich nicht um „unschuldige Kinder“ gehandelt. Dort waren 69 Teilnehmer eines Ferienlagers der regierenden Arbeiterpartei getötet worden. Breivik macht die Partei für die seiner Ansicht nach voranschreitende Islamisierung Norwegens mitverantwortlich.

Die Anschläge seien „der spektakulärste politische Angriff eines Nationalisten seit dem Zweiten Weltkrieg“, brüstete sich Breivik. Er spreche als Kommandeur einer antikommunistischen Widerstandsbewegung und Mitglied der antimuslimischen Gruppe „Tempelritter“. Schon am Montag hatte die Staatsanwaltschaft erklärt, eine solche Organisation existiere ihrer Einschätzung nach nicht.

Es sei für ihn die „größte Ehre“, sein Leben im Gefängnis zu verbringen oder für sein Volk zu sterben, hieß es in der Erklärung weiter. Daraufhin unterbrach ein Richter seine Rede und forderte ihn auf, diese abzukürzen.

Auch Angehörige der Opfer des norwegischen Massenmörders hatten sich über den langen Vortrag des Angeklagten beschwert. Über ihre Anwälte forderten sie Breivik am Dienstag im Prozess in Oslo auf, seine Stellungnahme abzukürzen.

Das Gericht hatte es dem 33-Jährigen zu Beginn des zweiten Prozesstages erlaubt, eine 30-minütige Erklärung zu verlesen. Dieser sagte daraufhin, dass er angesichts der Opfer seine Rhetorik abgeschwächt habe.

Keine Fernseh-Übertragung

Für die Anhörung Breiviks sind insgesamt fünfeinhalb Tage angesetzt. Es wird befürchtet, dass er das Verfahren nutzt, um seine islamfeindliche Ideologie zu verbreiten. Anders als der Prozessauftakt am Montag werden seine Aussagen jedoch nicht im Fernsehen übertragen.

Breivik steht seit Montag in Oslo wegen „Terrorakten“ vor Gericht. Er bekannte sich bereits zu den Anschlägen, sieht in ihnen aber kein strafrechtlich zu verfolgendes Delikt, da er wegen der aus seiner Sicht drohenden Islamisierung Norwegens aus „Notwehr“ gehandelt haben will.

Die Fortsetzung des Verfahrens hatte sich am Dienstag wegen eines Befangenheitsantrags gegen einen Schöffen verzögert. Das Gericht wechselte den Laienrichter aus, weil dieser einen Tag nach den Anschlägen in einem Chat-Forum geschrieben hatte, dass der Attentäter die Todesstrafe verdiene.

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung und die Anwälte der Opfer waren sich einig, dass der Laienrichter nicht weiter der fünfköpfigen Strafkammer angehören könne und einen Befangenheitsantrag gestellt. Er wurde gegen eine Ersatzsschöffin ausgetauscht.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • G
    gelderlander

    @taz-Massenmörderblatt

     

    Hier gehts um Breivik, einen rechtsextremen Mörder. Allein der Vergleich und der Link zu einer Website, die definitiv manipulierbar ist, da da JEDER schreiben kann was er will, ist schon hanebüchen... Nicht um die Linkspartei. Im übrigen ist es absurd, "die Linkspartei" als Massenmörder zu titulieren.

     

    1.) Was ist mit all denen, die via WASG in die linke eingetreten sind? Oder die jetzt neu hinzukommen? Auch die jenigen vergessen, die nach 1990 geboren sind?

     

    2.) Welche Parteien waren in der BRD nach 1949 das Sammelbecken für NSDAP, Gestapo & SS-Kader?

     

    3.) Sie haben die "Blockflöten" vergessen, also jene die immer kräftig mitgemicht haben. Zum Beispiel die Funktionärin für Agitation und Propaganda, die davon heute nix mehr hören will oder den "Bürgerrechtler" der heute Bundespräsident ist und der in der DDR beste Kontakte zum MfS hatte.

     

    Anfrage an die Redaktion: Wieso lasst ihr euch hier als "Massenmörderblatt" verspotten?

  • J
    Jan

    Kann jemand der anscheinend gar nicht versteht, was er da angerichtet hat, wirklich zurechnungsfähig sein? Man möchte meinen ja, um ihn für sein Handeln zur Verantwortung zu ziehen. Unzurechnungsfähigkeit würde doch nur dem hasserfüllten Rassistenmob in die Hände spielen. So aber zeigt sich ohne Maske, wozu Fremdenhass führt.

    Aber man möchte auch nein rufen, vielleicht um sich nicht eingestehen zu müssen, wozu der angeblich so zivilisierte Mensch fähig ist.

    Nur hört auf dieser armseeligen Gestalt auch noch eine Bühne zu geben.

  • RK
    Ralf K.

    Den Fall Breivik auch auf der taz-Seite so herausgekehren wird, finde ich ja schon eher erbärmlich. Dass es sich um einen Psychotiker handelt, steht außer Frage. Hiermit wird dieser Person samt seiner geisteskranken Gesinnung eine außerordentliche Wichtigkeit gegeben, und die anständige Bevölkerung verärgert. Genügt nicht die BILD für Berichte dieser Kategorie?

  • M
    Michael

    Muss das sein?

     

    Breiviks Selstdarstellung ist sicher einen Bericht Wert. Aber einen Aufmacher auf taz.de? Gibt's dafür einen Grund? Ich denke man sollte diesem Spinner nicht zu viel Aufmerksamkeit gönnen.

  • E
    Eggerten

    Ich finde die derzeitige Sensationsgeilheit der Presse ist ein Armutszeugnis. Es wird praktisch live aus dem Gerichtssaal berichtet und damit einem Massenmörder die Publicity gegeben, die er möchte.

     

    Man sollte sich dann aber auch darüber bewusst sein, das solch eine Berichterstattung diesen Irren nur noch ein weiteres Argument gibt, ähnliches zu tun. Denn gerade diese Aufmerksamkeit ist meist noch wichtiger für sie als das morden selbst.

     

    Anstatt diesen Selbstdarstellern eine Bühne zu geben, sollte viel eher gerade jetzt wieder über die Opfer, Hinterbliebenen und allgemein das Leid berichtet werden, das solche Taten verursachen. Damit allen bewusst wird, dass dadurch nichts zu gewinnen ist. Auch keine Aufmerksamkeit.

     

    Bisher empfand ich allgemein die Berichterstattung der taz als gute Alternative und habe sie gerade deshalb auch abonniert. Ich kann nur hoffen, dass sie auch bei diesem Thema Anstand beweist und sich diesem Medienzirkus nicht anschließt.

  • T
    Tobi

    Einfach erschütternd. Ich hätte niemals erwartet das dort ein anscheinend rechtsextremer oder vielleicht islamistischer Schöffe im Gericht sitzt. Todesstrafe in der heutigen Zeit zu fordern, erbärmlich!