Attentäter Anis Amri: Zuerst Sprengstoffanschlag geplant

Der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz wollte zuerst eine andere Art von Anschlag begehen. Das geht aus neuen Ermittlungsergebnissen hervor.

Polizisten am Breitscheidplatz in Berlin

Anis Amri raste mit einem LKW in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz Foto: imago/Christian Mang

BERLIN taz | Anis Amri, der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, plante offenbar zuerst einen Sprengstoffanschlag. Das Vorhaben soll er zusammen mit zwei Islamisten, dem Franzosen Clement B. und dem Russen Magomed C., im Spätsommer 2016 geschmiedet haben. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Bundesanwaltschaft hervor, der der taz vorliegt.

Für ihren Plan wollten Amri und seine zwei Komplizen offenbar den hochexplosiven Sprengstoff TATP verwenden. Wo und wann genau die Tat geschehen sollte, konnte bisher nicht „konkretisiert“ werden, notiert die Bundesanwaltschaft. Den Bericht zu diesem Ermittlungsergebnis verfasste die Behörde diese Woche.

Der Franzose Clement B. war im Sommer 2015 unter einem Alias nach Deutschland eingereist. In Berlin traf er auf den Russen Magomed C., auch er ein radikaler Salafist. Beide Männer besuchten die Fussilet-Moschee, ein Treffpunkt von Islamisten, in dem auch Amri verkehrte. Spätestens ab Juni 2016 habe Clement B. in „persönlichem und telefonischem“ Kontakt zu Amri gestanden, so die Bundesanwaltschaft. Im Anschluss fand offenbar auch die Planung zu dem Sprengstoffanschlag statt.

Der Grund, warum es nicht zu dem Anschlag kam, ist nach Vermutung der Ermittler eine Gefährderansprache. Im Oktober 2016 hatte das LKA Berlin Magomed C. an seiner Haustür aufgesucht und klargemacht, dass man ihn auf dem Schirm habe. In der Wohnung war damals auch Clement B. – der nach dem LKA-Besuch Berlin fluchtartig verließ.

Plan geändert

Anis Amri änderte daraufhin offenbar seinen Plan. Im Dezember 2016 fuhr er schließlich mit einem Lkw in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz und tötete dabei elf Menschen. Den Lastwagenfahrer hatte er schon zuvor erschossen. Es war der schwerste islamistische Anschlag in Deutschland bisher.

Erst später, im November 2017, erhielten die Ermittler Hinweise, dass in der Wohnung von Magomed C. tatsächlich TATP gelagert war – ohne dies allerdings vorerst mit Anis Amri in Verbindung zu bringen. Der Russe wurde schließlich im August 2018 festgenommen – wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Eine Anklage gegen ihn steht demnächst bevor.

Clement B. wiederum sitzt derzeit wegen anderer Straftaten in Frankreich in Haft. Die Verbindung zu Amri sei erst durch „derzeitige Ermittlungen“ offenbar geworden, notiert die Bundesanwaltschaft. Dass der Franzose und der Russe auch an der Planung oder Ausführung des Anschlags auf dem Breitscheidplatz beteiligt waren, dazu habe man „keine Erkenntnisse“.

Die neuen Erkenntnisse lösten Erstaunen bei Innenpolitikern des Bundestags aus. Es sei „unvorstellbar“, sagte die Grüne Irene Mihalic, dass von den Sprengstoffplänen „trotz intensiver Überwachung niemand etwas mitbekommen haben will“.

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