piwik no script img

Atomverhandlungen mit Iran„Spiel mit dem Feuer“

Die Wiener Atomverhandlungen stocken, nun will Iran Uranmetall herstellen. Die USA warnen vor „provokativen Schritten“.

Irans Flagge vor der IAEA in Wien Foto: reuters

Wien afp | Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat dem Iran vorgeworfen, sich immer weiter von den Vereinbarungen des Atomabkommens von 2015 zu entfernen. Teheran beabsichtige die Produktion von Uranmetall mit einer Anreicherung von 20 Prozent, teilte IAEA-Chef Rafael Grossi am Dienstag den IAEA-Mitgliedstaaten mit. Deutschland, Frankreich und Großbritannien reagierten mit scharfer Kritik an Teheran.

Der Iran habe „keinen glaubwürdigen zivilen Bedarf“ an derlei Uranmetall, erklärten die Außenminister der drei Länder. Mit seinem Verhalten gefährde Teheran den Erfolg der derzeitigen Atomverhandlungen in Wien.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und seine Kollegen aus Frankreich und Großbritannien äußerten angesichts von Grossis Bericht „schwerwiegende Sorgen“. Dass Teheran Schritte in Richtung der Produktion von angereichertem Uranmetall unternommen habe, sei eine „ernsthafte Verletzung der iranischen Verpflichtungen“ unter dem internationalen Atomabkommen. Die Produktion von Uranmetall sei ein „wichtiger Schritt in der Entwicklung einer nuklearen Waffe“.

Noch besorgniserregender sei die jüngste Verletzung des Atomabkommens durch den Iran angesichts der Tatsache, dass es bislang keinen Termin für die Fortsetzung der Verhandlungen über eine Wiederbelebung der Nuklearvereinbarung gebe, erklärten die Minister weiter.

Neuer iranischer Präsident ist ein Hardliner

Scharfe Kritik kam auch aus den USA. Es sei „besorgniserregend“, dass der Iran die Nichteinhaltung des Atomabkommens weiterhin „eskaliert“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, in Washington. Teheran müsse „dieses Spiel mit dem Feuer“ beenden.

„Wir haben klar gemacht, dass solche provokativen Schritte dem Iran keinen Hebel in den Verhandlungen verschaffen“, fügte Price hinzu. Teheran müsse für „echte Gespräche“ nach Wien zurückkehren, um die im April gestartete Arbeit zu Ende zu bringen.

Die im April aufgenommenen Verhandlungen über einen Neustart des Atomabkommens in Wien waren in den vergangenen Wochen ins Stocken geraten. Unklar ist, wie sich die Wahl des Hardliners Ebrahim Raisi zum iranischen Präsidenten auswirken wird. Raisi übernimmt das Präsidentenamt am 3. August von seinem moderateren Vorgänger Hassan Ruhani.

Die Außenminister Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs riefen den Iran auf, „alle Aktivitäten, die gegen das JCPoA verstoßen, ohne Verzögerung einzustellen und zu den Verhandlungen in Wien zurückzukehren“. JCPoA ist die offizielle Bezeichnung für die Wiener Nuklearvereinbarung.

„Wir haben mehrfach betont, dass die Zeit auf niemandes Seite ist“, hoben die Minister mit Blick auf die Wiener Gespräche hervor. „Mit seinen jüngsten Schritten gefährdet der Iran trotz des Fortschritts, der in sechs Verhandlungsrunden bisher erzielt wurde, ein erfolgreiches Ende der Wiener Gespräche.“

Das internationale Atomabkommen von 2015 soll verhindern, dass der Iran die Fähigkeit zum Bau einer Atombombe erlangt. Als Teil des Abkommens hatte der Westen Sanktionen gegen Teheran gelockert. Die USA waren 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus der Vereinbarung ausgestiegen und hatten neue massive Strafmaßnahmen gegen den Iran in Kraft gesetzt. Als Reaktion zog sich Teheran schrittweise von seinen Verpflichtungen aus dem Abkommen zurück.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Es tut mir leid wenn ich Sie vielleicht missverstanden habe. Aus Ihrem heutigen Beitrag sehe ich, dass Sie der Angelegenheiut viel näher stehen als ich. Was ich jedoch nicht verstehe ist, was haben die Europäer oder Deutschland mit dem "Atomdeal" zu tun? Kern des Konfliktes ist das, was Sie etwa hier nachlesen können:



    www.hagalil.com/20...israel-hour-glass/



    Holocaustleugnung und eliminatorischer Antizionismus ist offizielle Politik der Regimes im Iran. Die Europäer und vor allem die Deutschen haben in dem Konflikt nichts zu suchen. Es ist Sache Israels, der USA und des Irahns, einen Ausweg zu finden. Ihre Einschätzungen sind vermutlich fundierter als die meinen. Jedoch lassen Sie sich bitte nicht von dem kognitiven Modell, der Deutschen über die USA oder über Israel vereinnahmen.

    • @Günter:

      Der Atomdeal (JCPoA) ein Vertrag zwischen folgenden Staaten/Staatenbündnisse:



      "Hinter dem Kürzel E3/EU+3/2 stehen die Staaten Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich (E3), die EU sowie China, Russland und USA. Seit dem Rückzug der USA aus dem JCPoA im Mai 2018 sprechen wir nur noch von den E3/EU+2. Der Hohe Vertreter der EU hat als Koordinator eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung des JCPoA mit Iran."



      Quelle: Auswärtige Amt Deutschland

      Genau deswegen ist Deutschland, sowohl weil es selbständig als Vertragspartner teilnahm, als auch über die EU Vertragspartner ist natürlich am Atomdeal beteiligt.



      Bei dem Atomdeal geht es doch nicht um USA/Israel vs. Iran. Bitte nutzen Sie die Quellen.

      Das Thema Rassismus/Antisemitismus/Antizionismus ist doch ein ganz anderes. Das ist gar nicht im Vertragswesen dabei, warum auch?

      Natürlich sind Teile der Aussagen massiv zu kritisieren und ggf. zu sanktionieren. Dann aber bitte vice versa. Denn auch USA und Israel wollen regime change im Iran, wie umgekehrt. Man kann nicht bei einem sagen, hey super, und bei dem anderen....Sodom und Gomorrha.

      Und warum haben die Deutschen da nichts zu suchen? Dürfen nur betroffen dabei sein? Wollen wir schauen wieviele ehemalige deutsche Juden in Israel davon betroffen wären? Ebenso umgekehrt deutsche Schiiten im Iran? Warum wollen Sie das immer nur Betroffene/Opfer allein den Kampf führen?



      Sind Sie denn betroffener, dass Sie mitreden "dürften"?

      Und was meinen Sie mit kognitiven Modell, D über USA und Israel? Was meinen Sie damit?

      • @Daniel Drogan:

        Ihre Argumentation ist aus Ihrer Perspektive schlüssig, worüber ich nicht urteilen darf. Meine Perspektive ist die Geschichte meiner deutschen Kultur. Mit dem kognitiven Modell meine ich das, was D. Goldhagen in „Hitlers willige Vollstrecker“ über das kognitive Modell der Deutschen über die Juden beschrieben hat. Goldhagen beschreibt dies als Modell, das mit dem Gespräch der Gesellschaft in Einklang steht. Er schreibt von axiomatischen Themen des gesellschaftlichen „Gesprächs“. Daraus bilden sich in die Kultur Überzeugungen und Sandpunkte.



        Der deutsche Antisemitismus, bildete sich über Jahrhunderte aus dem oben beschriebenen Mechanismus und erschuf das kognitive Modell, das ich angesprochen habe. Historisch denke ich an den April bis zum November 1942 als in 250 Tagen 2,5 Millionen Juden ermordet wurden. Nicht durch Krieg, Bomben, und was Krieg so mit sich bringt. Die Front war weit voraus. Ganz normale Deutsche hatten jeden einzelnen dieser 2,5 Mio genommen und erschossen, in die Gruben und Gaskammern geworfen, eigenhändig. Das ist das Ergebnis des angesprochenen kognitiven Modells. Letztendlich bleibt die unglaubliche Grausamkeit, mit der deutsche Christen die Juden Europas ermordet hatten rätselhaft. Die Bildung des kognitiven Modells selbst bleibt rätselhaft. Das ist es aber, was die Nazis mit „Endlösung„ meinten. Auf Englisch „The final solution“. Lesen Sie hier:



        www.hagalil.com/2020/05/iran-109/



        Die im Link gezeigte verbale Bedrohung aus dem Iran gegen Israel, ist die Gleiche, wie damals von den Deutschen gegen die Juden. In eine Entscheidung, wie die Überlebenden des Holocaust mit einer ggf. drohenden atomaren Bewaffnung Irans umgehen, haben wir Deutschen nichts verloren. Das Betragen Deutschlands, dass es überhaupt Vertragspartner dieses Atomdeals ist und oft genug einzelne deutsche Vertreter namhafte Organisationen dem Staat Israel paternalistische „Empfehlungen“ aussprechen, wie Israel mit der Bedrohung umgehen soll, ist für mich unerträglich.

        • @Günter:

          Wie das kognitive Model der Deutschen über die Juden wirkt, kann man an dem unten verlinkten Video gut erläutern. Juden haben in allen Regionen Europas gelebt. Europa hat eine Fläche von ca. 10.500.000,00km².



          Nur wenige Europäische Juden konnten während des Holocaust in die Arabische Welt, mit eine Fläche von ca. 14.000.000,00km² fliehen.



          In Israel leben etwa 7 Mio Juden gemeinsam mit 2 Mio Arabern auf etwa 0,14 % der Gesamtfläche aller Arabischen Staaten. Nun wollen auf der Westbank auch Juden leben. Unsere deutschen Politiker bezeichnen das als illegale Siedlungen, als Menschenrechtsverletzungen. Wenn Juden auch in der Westbank wohnen wollen (wie etwa Araber auch in Israel leben) wird das, wie selbstverständlich, als „Siedlungsbau“ diffamiert. Wie selbstverständlich wirft Robert Habeck den Namen Netanjahu in den Raum, weil er weiß, dass dieser Name in Deutschland als Repräsentant des Jüdischen Staates automatisch negativ besetzt ist. Frau Baerbock kritisiert den Bau von Schutzzäunen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verlieren, dass dieser Schutzzaun allein deshalb dort steht, um Selbstmordattentate gegen Juden zu verhindern, vielleicht weiß sie es nicht einmal. Sie betont, dass sie Völkerrechtlerin sei und erklärte später paternalistisch (gegenüber Israel), dass Menschenrechtsverletzungen so auch immer betitelt werden müssen. Verfolgt Sie bitte die Debatte über Middel East zwischen 12 und 21 Min. Frau Baerbock und Herr Habeck stolpern mit ihrer Unkenntnis über die Verhältnisse in Middle East völlig hilflos durch die Debatte. Sie wiederholen über Israel, nur das Gerede, dass mit dem gesellschaftlichen Gespräch in Deutschland in Einklang steht. Im Publikum sitzen junge Leute und applaudieren. Die nehmen so was auf und geben es an ihre Kinder weiter. Die Beiträge der beiden und wie sie weitergegeben werden sind genau das, was ich meine, wenn ich von dem kognitiven Modell der Deutschen über die Juden spreche.



          www.youtube.com/watch?v=nTZimAx47FI

  • Und wann will sich gleich der Westen, egal ob USA oder die EU, an den JCPoA halten? Das der Iran genauso so agiert, wie er agiert. Ist die Schuld der westlichen Länder. zuerst die USA, die den JCPoA durch Trump verließen und dazu ZU KEINEM ZEITPUNKT Teile des JCPoA ausführten, nämlich die Sanktionen gegen den Iran einzustellen. Danach kommen schon die Europäer. Als die Amerikaner sowohl die Sanktionen nicht aussetzten und dann auch noch den JVPoA verließen, wollte die EU neue Transfer-Systeme etablieren, weil SWIFT so stark von den Amerikaner unter Druck gesetzt wurde die Sanktionen umzusetzen. Dieses neue Transfer-System kam NIE, somit haben auch die Europäer NIE ihre eigenen Unternehmen in der EU vor den Sanktionsstrafen aus den USA zu schützen. Und bis heute hält die EU diese Sanktionen gegen den Iran aufrecht.

    Also wenn jeder gegen den JVPoA verstößt. Der Iran erst nachdem die USA ausstieg und die EU kein neues Transfer-System auf die Beine stellen konnte. Aus welchem Grund solle sich dann der Iran an das JCPoA bitte halten?

    Schade taz, hier hättet ihr zumindest ein bisschen mehr Infos liefern können. Anstatt das bashing gegen den Iran von der USA einfach zu übernehmen.

    • @Daniel Drogan:

      Wo betreibt die taz hier "bashing"? Die taz hat hier nüchtern Fakten vorgetragen.Was halten Sie davon, hier mal nachzulesen, anstatt die ewige Mantra der Deutschen nach dem 8. Mai 1945 zu predigen: "Amerika ist an allem Schuld"



      www.hagalil.com/2021/06/raisi/

      • @Günter:

        Die Gründe habe ich doch geliefert. Sie dürfen diese ja gerne entkräften wenn Sie mögen und können.

        Das Raisi, genauso wenig Rohani, die Vertreter des Volkes sein sollten, welches die Iraner bekommen sollten. Habe ich doch schon geschrieben. Ich selbst war bei den "white wednesday"-Protest-Aktionen dabei im Iran in 2017 dabei. Aber, und das sollten einige mal überprüfen, kann man sich auch mal auf die Position der anderen stellen und schauen welche Möglichkeiten sie haben.

        Trotz des "moderaten" Rohani, keine Änderungen im Handeln (Sanktionen) und kein Stützen des JCPoA. Trotz das die IAEA mehr Zugriff bekam und nichts entdeckte, keine Änderung im Handeln (Sanktionen) und kein stützen des JCPoAs. Das ist doch völlig klar, dass dies dazu führt das das Ajatollah-Regime dahinter, dann nach paar Jahren das genau sich überlegt und dann eben, wenn alle anderen Parteien des JCPoAs ihre Tätigkeiten missachten, auch missachten.

        Es gab keinen Grund mehr für den Iran dem JCPoA beizuwohnen, wenn diese nur als erfüllt anzusehen ist, wenn der Iran nicht auf 20% Anreicherung geht und nicht mehr Zentrifugen aufbaut. Nein der JCPoA hatte mehr Punkte enthalten und die wurden, und ich hoffe das bestreiten Sie jetzt nicht auch noch, von den USA und der EU missachtet!

        Nochmal zum Nachlesen, falls es nicht bekannt ist: web.archive.org/we....com/the-iran-deal