Atomverhandlungen Noch immer keine Einigung über ein Abkommen mit Iran: Die nächste „letzte Frist“ ist verstrichen
Der Verhandlungspoker um das iranische Nuklearprogramm wird auch nach erneutem Ablauf einer angeblich „letzten Frist“ Freitag früh fortgesetzt. Am Samstag treffen die Außenminister aller fünf Vetomächte des UNO-Sicherheitsrates und Deutschlands (5+1-Ländergruppe) in einem Wiener Nobelhotel erneut mit ihrem iranischen Amtskollegen zusammen, um nach bereits 16 Verhandlungstagen endlich einen Durchbruch in den verbliebenen Streitfragen zu erzielen.
Teheran fordert, dass die von UNO, USA und EU seit 2006 gegen Iran verhängten Wirtschaftssanktionen zeitgleich mit der Unterzeichnung eines Abkommens aufgehoben werden. Die 5+1 sind dazu jedoch erst bereit, nachdem die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) überprüft und bestätigt hat, dass Teheran seine Verpflichtungen aus dem Abkommen erfüllt hat.
Diese Streitfrage ist nach dem Verstreichen der Frist am Freitag früh um 6 Uhr Wiener beziehungsweise Mitternacht Washingtoner Ortszeit noch schwieriger geworden. Denn hätte die Obama-Administration dem Kongress vor Ablauf dieser Frist ein Abkommen vorgelegt, wäre der Zeitraum, in dem das US-Parlament zustimmen oder ablehnen kann und die Administration noch keine Sanktionen aufheben darf, auf 30 Tage beschränkt gewesen. Jetzt beträgt dieser Zeitraum 60 Tage.
Zudem haben die Gegner eines Nukleardeals mit Iran – die Republikaner im US-Kongress, die Regierungen Israels und Saudi-Arabiens sowie die Hardliner in Teheran – noch mehr Zeit und Gelegenheit, ein Abkommen zu sabotieren.
Die Forderung der 5+1, dass die IAEA nicht nur die deklarierten Nukleareinrichtungen kontrollieren soll, sondern auch die am Kaspischen Meer gelegene Militärbasis Parchin und andere konventionelle Militäranlagen, wird von der iranischen Führung weiterhin strikt abgelehnt. Grund für die Forderung der 5+1 ist der Verdacht, dass Iran zumindest von 1998 bis 2005 Parchin und andere Anlagen zur Atomwaffenforschung genutzt hat.
Nicht die gesamte 5+1, aber zumindest die USA und Frankreich dringen darauf, dass ein Nuklearabkommen auch Rüstungsbeschränkungen für ballistische Raketen enthält, die theoretisch als Träger für atomare Sprengköpfe dienen könnten. Teheran ist zu entsprechenden Vereinbarungen nur außerhalb eines Nuklearabkommens bereit und auch nur, wenn Israel, Saudi-Arabien und andere Staaten der Nahostregion daran beteiligt wären.
Schließlich fordert Teheran, unterstützt von Russland, dass mit dem Zustandekommen eines Nuklearabkommens auch das gegen Iran verhängte Waffenembargo aufgehoben wird. Das lehnen die USA und Frankreich ab. Andreas Zumach
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