Atomkatastrophe Fukushima: Erhöhtes Krebsrisiko in ganz Japan
Zwei Jahre nach dem Super-GAU weisen 42 Prozent der Kinder in der Präfektur Schilddrüsenanomalien – eine Krebsvorstufe – auf, besagt eine Studie.

BERLIN taz | Die äußere Strahlenbelastung nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima wird zu 40.000 bis 80.000 zusätzlichen Krebsfällen in Japan führen. Das prognostiziert die Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). Hinzu kämen möglicherweise 37.000 Krebserkrankungen durch strahlenbelastete Nahrungsmittel, hieß es am Mittwoch in Berlin.
Knapp zwei Jahre nach Erdbeben, Tsunami und dem folgenden Reaktorunfall gibt es damit erste Analysen der Gesundheitsfolgen. „Japan ist großflächig betroffen vom Super-GAU in Fukushima“, sagte der Autor der Studie, Henrik Paulitz. Die Experten berufen sich auf wissenschaftliche Publikationen zu den Bodenkontaminationen und Messungen im Herbst 2012.
Laut den IPPNW-Ärzten gab es in der Präfektur Fukushima neun Monate nach dem GAU 15 Prozent weniger Geburten als im mittelfristigen Trend. Aber auch im restlichen Land wurden weniger Kinder als üblich geboren; die Säuglingssterblichkeit stieg um rund 4 Prozent. Aus den Daten schließen die Ärzte, dass – anders als bislang vermutet – ganz Japan von gesundheitlichen Folgeschäden betroffen ist.
Sie fordern deshalb landesweite systematische Schilddrüsenuntersuchungen an Kindern. Bisher gibt es die nur in Fukushima. Allein dort wurden bereits bei 55.592 Mädchen und Jungen Schilddrüsenzysten und -knoten festgestellt. Diese gelten bei Kindern als Krebsvorstufe.
Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO legte kürzlich eigene Prognosen vor, in denen sie keine absoluten Zahlen nennt: Sie geht von einem „leicht erhöhten Krebsrisiko“ aus, das jedoch nur für die Präfektur Fukushima gilt.
Zum 2. Jahrestag des GAUs in Fukushima erscheinen in der Wochenendausgabe (9./10. März) Sonderseiten über die Lage in Japan und weltweit.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Jugend im Wahlkampf
Schluss mit dem Generationengelaber!
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens