Atomabkommen Iran: Re: Re: Re: Finaler Vorschlag
Der Iran hat den von der EU-Vorschlag zum wiederbelebten Nuklearabkommen kommentiert. Die USA nennt die Anmerkungen „nicht ermutigend“.
Der Iran hatte darauf mit Änderungsvorschlägen geantwortet – dabei ging es hauptsächlich um offene Fragen im Zusammenhang mit Sanktionen und Garantien für wirtschaftliches Engagement der USA im Iran, auch über neue Präsidentschaftswahlen hinaus. Daraufhin schickte Washington wiederum eigene Vorschläge. Und nun haben die Diplomaten aus Teheran wieder eine Antwort gesendet.
Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, sagte, der Vorschlag sei „konstruktiv“ und ziele darauf ab, die Verhandlungen zu beenden. „Wir haben die Antwort der USA auf den Kompromissvorschlag der EU sorgfältig geprüft und unseren Standpunkt dazu der EU übermittelt“, sagte er. Details zu dem Text nannte der Sprecher nicht.
„Nicht konstruktiv“ nennt hingegen ein Sprecher des US-Außenministeriums die Antwort. Man werde trotzdem über die EU antworten. Ein hochrangiger Beamter der Biden-Regierung sagte dem Politik-Magazin Politico: „Wir untersuchen die Reaktion des Iran, aber unter dem Strich ist sie überhaupt nicht ermutigend.“ Auch er nannte keine Einzelheiten, sagte aber: „Basierend auf ihrer Antwort scheinen wir uns rückwärts zu bewegen.“
Iran und USA verhandelten über Diplomat*innen aus sechs Staaten
Iranische Diplomaten weigern sich, direkt mit US-amerikanischen Vertreter*innen an einem Tisch zu sitzen. Seit 16 Monaten verhandelt der Iran daher mit den USA über Diplomat*innen aus Deutschland sowie den fünf UN-Vetomächten Großbritannien, Frankreich, Russland und China in Wien, um das Atomabkommen von 2015 wiederzubeleben. Das Abkommen sollte den Iran daran hindern, eine Atombombe zu entwickeln. Der ehemalige US-amerikanische Präsident Donald Trump hatte das Abkommen 2018 aufgekündigt. Sein Nachfolger Biden möchte zu dem Abkommen zurückkehren.
Mittlerweile hat der Iran aber 18-mal mehr Uran angereichert, als vereinbart war. Im Juli hat der Iran 27 Überwachungskameras der internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) in seinen Atomanlagen abgeschaltet. Daraufhin warnte der IAEA-Chef Rafael Grossi, der Iran stehe kurz davor, genügend Material für den Bau einer Atombombe zu haben. Diese Woche hat der Iran den Einsatz fortschrittlicher IR-6-Zentrifugen auf seinem unterirdischen Nuklearstandort in Natanz ausgeweitet, laut einem IAEA-Bericht, welcher der Nachrichtenagentur Reuters zugespielt worden war. Diese Zentrifugen reichern Uran schneller an als jene, die laut Abkommen von 2015 erlaubt gewesen wären.
Die Untersuchungen der IAEA sind ein großer Knackpunkt in den Verhandlungen. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi sagte am Dienstag, dass jeder Fahrplan zur Wiederbelebung des Abkommens beinhalten müsse, dass Untersuchungen der UN-Nuklearaufsicht zu „Sicherheitsfragen“ im Zusammenhang mit nuklearen Partikeln abgeschlossen werden. Der Vorschlag der EU ermöglicht das, wenn die IAEA bestätigt, dass der Iran vor dem Tag, an dem das Atomabkommen in Kraft tritt, glaubwürdige Antworten zur Herkunft von Uranspuren gegeben hat.
Im November stehen in den USA Zwischenwahlen an
Ein weiterer Streitpunkt sind die Revolutionsgarden. Diese iranischen Streitkräfte stehen auf der Liste von Terrororganisationen der USA. Der Iran forderte, dass sie von dieser Liste gestrichen werden.
Außerdem möchte Teheran Sicherheiten, dass Geschäftsbeziehungen zwischen den Ländern wieder aufgenommen werden. Nicht nur durch die Covidpandemie, sondern auch durch Wirtschaftssanktionen der USA leidet der Iran unter einer anhaltenden Wirtschaftskrise.
Zu dem Abkommen zurückzukehren wäre für die USA sicherheitspolitisch relevant und für den Iran von wirtschaftlicher Relevanz. Doch immer, wenn es kurz vor einem Durchbruch steht, hapert es an Zugeständnissen. Auch Innenpolitik steht einer Einigung im Weg. Ein Abkommen muss wahrscheinlich der US-Kongress überprüfen. Im November stehen die Zwischenwahlen an.
Vor allem die Demokrat*innen möchten wahrscheinlich eine Iran-Debatte vor den Wahlen vermeiden. „Nachdem diese Gelegenheit verpasst wurde, ist es jetzt schwer vorstellbar, dass vor den Midterms ein Deal zustande kommen kann“, sagte Ali Vaez, Analyst der International Crisis Group gegenüber Politico. Es ist also möglich, dass die Gespräche bis November ins Stocken geraten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Amnesty-Bericht zum Gazakrieg
Die deutsche Mitschuld
Debatte um Bezahlkarte
Hundegulasch und Auslandsüberweisungen
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Nach Recherchen zum Klaasohm-Fest
Ab jetzt Party ohne Prügel
Hilfslieferungen für den Gazastreifen
Kriminelle Geschäfte mit dem Hunger
Ausstieg aus fossiler Stromerzeugung
Ins Stromnetz müssen 650 Milliarden Euro fließen