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daumenkinoAtlantis

Meeresmystik

Walt Disneys Erfolgsrezept bestand darin, mit Cartoons die Wirklichkeit nicht nachzustellen, sondern zu ersetzen. Doch seit Onkel Walt das Zeitliche gesegnet hat, wird dieses Konzept in seinem Konzern zunehmend verwässert. So sucht man in „Atlantis: Das Geheimnis der verlorenen Stadt“, dem diesjährigen Animations-Monster zum Fest der Liebe, vergeblich nach plappernden Meerjungfrauen, singenden Bären oder zaubernden Mäusen. Losgeschickt auf eine Reise unter die Oberfläche der Erde wird nicht Daniel Düsentrieb, sondern ein von aufklärerischen Idealen beseelter Nachwuchs-Mad-Scientist. Seine Begleitung rekrutiert sich aus dem üblichen Arsenal des antiken Abenteuerfilms: Sprengstoff- und Waffenexperte, Grabungsspezialist und Kommunikationsfachfrau leiern am Lagerfeuer ihre Lebensläufe runter.

Bevor sich aber die Söldnergang mit dem Protagonisten verbündet, um das Happy End zu sichern, muss erst mal der im wahrsten Sinne des Wortes versunkene Kontinent gefunden werden, wo sich ein nur mehr leidlich fideles Südseevölkchen in aparten kurzen Röckchen tummelt. Nun folgen eine Liebesgeschichte, ein Verrat, viel Hochmoralisches und schließlich die lichtintensive Verschmelzung von Mensch, Materie und Mystik. Kindern dürfte dieser verquaste Budenzauber unverständlich bleiben oder bekloppt erscheinen, Erwachsenen zu oberflächlich.

Was Oberflächenstruktur und Lichtverteilung angeht, ist der Film auf dem allerneuesten Stand der Computertechnik. Netterweise wird man sogar von den sonst üblichen Schnulzen verschont. Aber so viel ist schon mal sicher, ein Klassiker wird das nicht. Denn im Grunde ist „Atlantis“ nur ein etwas altmodisches Abenteuer aus der Prä-Indiana-Jones-Ära, das vielleicht besser als Realfilm mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle, Roland Emmerich als Regisseur und Volker Engel als Tricktechniker hätte umgesetzt werden sollen.

THOMAS WINKLER

„Atlantis“. Regie: Gary Trousdale & Kirk Wise. USA 2001, 95 Min.

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