Athleten in der C-Promi-Unterhaltung: Sich durch den Dschungel boxen

Warum Sportler mit all ihren Fähigkeiten und ihrer Erfahrung für den RTL-Trash so wichtig sind. Und wieso das gut ist.

Ein Mann, Sven Ottke

Gutelaunebär (l.) mit Boxweltmeister (r.): Sven Ottke gefällt als Motivator im Dschungelcamp Foto: Düren/dpa

„Gehn wir boxen?“, fragt die Danni. „Jederzeit“, sagt der Svenni. So geht’s zu im richtigen Leben, also dem Teil der Realität, den uns freundlicherweise RTL derzeit aus dem Kontinent abbildet, der in den Hauptnachrichten eher mit Buschbränden bebildert wird.

Der Svenni ist Sven Ottke, früherer Profiboxweltmeister, und sein derzeitiger Marktwert ist daran zu ermessen, dass er sich im RTL-Dschungelcamp aufhalten muss. Die Danni hingegen ist so berühmt wie andere Dschungelbewohner, die Elena, der Marco oder die Toni.

Sportler hingegen sind im Dschungelcamp bislang meist dabei gewesen. Interessant: Mit der Bobfahrerin Sandra Kiriasis war erst einmal eine Sportlerin dabei. Teils finden sich berühmte Namen: Hochspringer Carlo Thränhardt war der erste, Fußballer Thorsten Legat mit seinem Tschaka-Tschaka-Gebrüll der einprägsamste. Auch Ailton, der frühere Bundesligatorjäger, hinterließ bleibenden Eindruck, gerade erst wurde er von RTL für die „Let's dance“-Show gebucht.

Warum? It's the economy, stupid

Zwei Fragen stellen sich: Warum gehen Sportler dort hin? It's the economy, stupid. Keiner der bisherigen Kandidaten stand nach seiner Karriere finanziell gut da, alle brauchten das Geld, brauchten die mit der hohen Einschaltquote verbundene Aufmerksamkeit, um wieder an Aufträge zu kommen – sei es in der Werbung, sei es irgendwo im Sportbetrieb. Der frühere Nationaltorwart Eike Immel, der ehemalige Europapokalsieger Jimmy Hartwig, Ex-Weltmeister Thomas Häßler, der frühere Eiskunstlauf-Europameister Norbert Schramm – so richtig erfolgreich war von denen nach ihrer Karriere keiner.

Und, zweite Frage: Warum will RTL Sportler haben? Schließlich sind es ja mitunter Ex-Athleten, die gar nicht einem breiteren Publikum bekannt sind, wie etwa der Schwimmer Thomas Rupprath oder besagte Sandra Kiriasis. Der Sport und seine Akteure stehen für das, was RTL mit seiner umstrittenen Sendung auch macht: für temporäre Aufmerksamkeit. Schwimmen und Bobfahren wird alle vier Jahre geguckt, wenn gerade Olympia läuft. Wer da eine Medaille gewinnt, gilt als hero for three weeks. Des Weiteren will man bei sportlichen Leistungen Ähnliches wissen wie beim Dschungelcamp: Wie kommt so etwas zustande, wer steht dahinter? Das geht hin bis zu den medial vom Wettkampf oder von der Dschungelprüfung übermittelten Emotionen: Was ist echt, was inszeniert?

Ex-Fußballer Eike Immel, Jimmy Hartwig, Ailton, Thomas Häßler – richtig erfolgreich war von denen nach der Karriere keiner.

Und Sportler sind – darin den RTL-üblichen C- und L- und Q-Promis nicht unähnlich – nicht die aalglatten Selbstinszenierer, die es schaffen, über drei Wochen hinweg jeden Satzfesten, jede mimische Regung und jede Kleiderfalte so zu kontrollieren, dass sie beim Millionenpublikum gut ankommen. Authentisch wäre nun vermutlich das falsche Wort, wollte man beschreiben, was da auf den RTL-Feldbetten bequatscht und versendet wird, aber eine doch erstaunlich realistisch anmutende Inszenierung von vermeintlicher Authentizität ist es, die wir da jeden Abend ab 22 Uhr zu sehen kriegen.

Sportler können mit Druck umgehen, sogar mit so etwas

Und einen letzten Nutzen gibt es, den Sportler für RTL haben. Fußballer sowieso, aber auch Einzelsportler sind immer soziale Wesen, die sich in Trainingsgruppen, Auswahlmannschaften und Ähnlichem in großen Drucksituationen in irgendeiner Weise sozial, um nicht zu sagen: fürsorglich verhalten. Sei es, um Kollegen nach Niederlagen zu trösten und wieder aufzurichten, sei es, um sie zu motivieren, sei es, um eigenes Wissen weiterzugeben.

Die Danni ist am Donnerstagabend mit dem Svenni boxen gewesen. Ottke hat ihr, deren TV-Prominenz darin besteht, mit dem verstorbenen Fernsehauswanderer Jens Büchner verheiratet gewesen zu sein, und die jetzt ob nicht ganz gelungener Gefühlsausbrüche Gegenstand medialer Häme wird, beigebracht, wie man eine Gerade schlägt, wie der Ellenbogen bei einem solchen Schlag zu halten ist, wie man sich dem Gegner stellt, damit mehr Wumms im Schlag ist. „Ich habe beim Boxweltmeister trainiert“, wusste die Danni danach, nun könne ihr niemand mehr. Und Ottke lobte die Aggressivität der Frau. „Das ist der Hammer.“

Ach, Sport ist schön. Fast so schön wie's Dschungelcamp.

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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