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Asylpolitik von Markus SöderDie Achse München – Berlin

Als Ministerpräsident von Bayern ist Söder nicht milder geworden: Seine Asylpolitik zielt auf den rechten Rand. Zuspruch kriegt er von Seehofer.

Geht es um Empathie, verzieht Söder gerne mal das Gesicht Foto: dpa

Eine Frage an Markus Söder, als er noch bayerischer Finanzminister war: Löst das Thema Flüchtlinge bei Ihnen keinerlei Empathie aus? Da setzt Söder seinen Attackenblick auf und sagt, sinngemäß: 4,5 Milliarden Euro – das ist meine Empathie. So viel Geld ist im Doppelhaushalt des Freistaates Bayern für Asyl und Integration vorgesehen. Beim Stichwort „Empathie“ liefert er Zahlen.

Seit knapp drei Monaten ist dieser Mann nun bayerischer Ministerpräsident. Viele Male hat er schon öffentlich vorgerechnet, dass Bayern für geflohene Menschen mehr ausgebe als für die Posten X, Y und Z zusammen. Und dass damit die „Einheimischen“ im Vergleich zu kurz kommen.

In dieser Woche verkündete Söder seinen bayerischen „Asylplan“: Abschiebungen auf eigene Faust – auch wenn das Bundessache ist – in vom Freistaat gecharterten Flugzeugen, Quasikasernierung von Asylbewerbern in „Ankerzentren“ bis zum Bescheid, statt Geld nur noch Sachleistungen.

Integration findet dort nicht statt, soll auch nicht, die meisten der Menschen kommen nach möglichst kurzer Zeit sowieso weg. Nirgendwo in Deutschland werden Geflohene so beschämend behandelt. Söder nennt das Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit, von Ordnung.

Markus Söder wird immer mehrzum bundespolitischen Akteur – auch wenn er mit der Berliner Republik so gar nicht zurechtkommt

Nachdem er den alten Rivalen Seehofer aus der Münchner Staatskanzlei weggehauen hatte, gab es eine Annahme über Söders politische Zukunft: Er werde im neuen Amt runterfahren mit seiner oft irrlichternden Umtriebigkeit, seinen Dauerprovokationen, seinem Vorschlägestakkato. Er werde es sich ein bisschen gemütlicher machen und den fürsorglichen Überbayern geben, so wie er sich bei der jüngsten fränkischen Fastnacht als Prinzregent Luitpold mit grauem Bart verkleidet hatte.

Leider nein, leider gar nicht

So ist es nicht gekommen, überhaupt nicht. Söder sagt, er habe „viele Ideen“, und hält sich für „ziemlich ­kreativ“. Zurzeit ist er dabei, im Eiltempo durchzuziehen, was er denkt, sagt, plant. Streitthemen, die ihm wenig bedeuten, wie der Skilift im Allgäu oder das Psychiatriegesetz, kassiert er schnell und schmerzlos ein.

Ihm geht es zum einen um die große konservative Symbolik. Es vergeht kein Tag in Bayern, an dem nicht irgendein Minister oder Behördenleiter öffentlichkeitswirksam ein oder auch zwei Kreuze im Eingang seiner Dienststelle an die Wand nagelt, auch wenn der Rest der Republik darüber spottet.

taz am wochenende

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Zum anderen geht es ihm um das Einfangen am rechten, AfD-gefährdeten Rand. Dort ist die Flüchtlingspolitik das zentrale Thema. Ab August sollte also schon – koste es, was es wolle – zumindest ein kleiner bayerischer Abschiebeflieger nach Kabul oder sonst wohin gen Himmel schweben. Ganz klar arbeitet Söder jetzt vorrangig an einem möglichst großen CSU-Erfolg bei der bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober.

Dabei darf er aber nicht vergessen, dass er auch den durchaus liberal denkenden Teil der CSU-Wählerschaft, der gar nicht so klein ist, überzeugt. Der mag Dunkel-Dumpfes nämlich nicht. Ansonsten könnte es so ausgehen wie bei der Bundestagswahl im vergangenen Herbst, wo die Christsozialen mehr als 10 Prozent verloren und Stimmen zu gleichen Teilen an die FDP und die AfD abgeben mussten.

Bundespolitischer Akteur

Markus Söder wird, das wird immer deutlicher, zum bundespolitischen Akteur, auch wenn er mit der Berliner Republik so gar nicht zurechtkommt. Zwischen ihm und dem ins Bundesinnenministerium abgeschobenen Noch­parteichef Horst Seehofer bildet sich eine neue CSU-Achse München–Berlin. Die beiden einstigen Gegenspieler gehen ein neues strategisches Bündnis ein.

Auch Söder bemüht sich nun darum, dem ungarischen ­Rechtsausleger Viktor Orbán, Stammgast bei CSU-Veranstaltungen, und der ÖVP/FPÖ-Regierung in Österreich weitaus näherzustehen als etwa dem Franzosen Emmanuel Macron oder Angela Merkel. Für die Bundesregierung wird diese neue Achsenbildung neuen Ärger bedeuten, ebenso wie für die EU.

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8 Kommentare

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  • Was diese Partei sich zur Zeit so alles heraus nimmt, ist Bundesweit unter aller Kanone!

     

    Dobrindt, Söder und auch Seehofer wollen anscheinend eine AFD Light umsetzen, in dem sie deren Themen aus dem Populisten 1x1 zur Bayerndirektive machen!

     

    Dies wird aber ein Schuss, hoffentlich, der nach Hinten losgeht!

     

    Sollte es den Bayern gelingen diesen ganzen Kram, den sie jetzt verzapfen umzusetzen, muss Merkel und Co. etwas unternehmen, sonst beginnt dieses Trio noch mit dem Abspaltungsversuch Bayerns vom Rest der Republik.

    Es ist schon ein Unding, das der Bundestag, der Bundesrat und auch diverse Bundesländer über den Schwachsinn mit den Ankerzentren nachdenkt.

    Wollen diese Leute tatsächlich eine Institution auf die Beine stellen, die unser Land in Deutsche und Migranten spaltet, welche sich um ihre Landsleute fürchten und deren Rechte mit Füssen getreten sehen?

     

    Wie sollen die Menschen mit Bleiberecht eine Integration verfolgen, wenn sie sehen, was das dem Deutschen Politiker wert ist! Wer schon bei dem Asylverfahren echte Nazi Methoden anwendet, dem kann man auch schlimmeres zutrauen, selbst wenn man schon eine gewisse Integrationsstufe erreicht hat.

    Man kann ja bereits fast täglich in den Medien verfolgen, das Menschen, die seit Jahren hier sind, einen guten Job haben und auch machen, die ehrenamtlich, öffentlich arbeiten und weitestgehend in ihrem Umfeld respektiert werden, von einer Minute auf die andere abgeschoben werden, während Straftäter teilweise unbehelligt durch Deutschland touren und weiterhin Straftaten begehen!

     

    Es gibt momentan einige Beispiele dafür, auf denen man jetzt herum reiten könnte, aber das wäre reiner Populismus!

    Die Regierung sollte etwas unternehmen, diesen Missständen entgegen zutreten, unterlässt dies aber aus nicht nachvollziehbaren Gründen.

     

    Wie und Wer soll denn noch an die Rechtsstaatlichkeit des Landes glauben, wenn mit so vielerlei Mass gehandelt wird, so dass es die Gerechtigkeit gar nicht mehr gibt, zumindest gefühlt!!!

  • Es gibt so viele erfolgreiche Integrationsprojekte in München und alle klagen über die erschwerte Arbeit durch den Mangel an staatlicher Zuwendung, die anscheinend nur mehr Geld für Abschiebung und Konzentration bereitstellen will. Ein Geflüchteter aus München sagte mir gestern (der sich selbst auch Ehrenamtlich engagiert): "Mit dem was der Staat an sozialer Zuwendung aufbietet, hätte ich mich nicht integriert. Das habe ich den vielen Vorbildern, den Engagierten seit 2015 zu verdanken, dass ich jetzt hier stehe und mit dir Deutsch rede." ...Dieser Söder ist ein Menschenhasser der für seine politischen Zwecke in Ankerzentren Kriminelle züchten will! Schon jetzt haben Ehrenamtliche kaum Zutritt zu Geflüchteten (Abbau der Kleinunterkünfte ist schon im Gange). Schon jetzt machen sich die Auswirkungen bemerkbar: Auch ein zweites "Ellwangen" kann in Bayern nicht fern sein. Der Söder muss daher bei den Wahlen endlich seine Quittung kriegen!

    • @Sven Svarson:

      Es ist schön zu lesen, das die CSU nicht alle dem Stamm der Bayern angehörigen Bürger, auf Linie bringt.

      Es ist traurig was Politik (CSU) aus einem Teil der bayerischen Bevölkerung macht.

      Das Ergebnis ist Rassismus.

  • Es gab schon einmal die Achse München Berlin mit dem Ergebnis:

    Das dritte Reich!

    Fazit:

    "Wehret den Anfängen"

    Tipp: http://www.zeit.de/1947/27/wehret-den-anfaengen

  • Dass Psychiatriegesetz ist mitnichten beerdigt, das wird gerade "überdacht" und zu einem stillen Moment irgendwann nach Mitternacht mit den jetzigen Mehrheiten durchgeprügelt, und wenn es bis nach der Landtagswahl reifen darf, wird Söder auch seine Mehrheiten finden.

  • söder ist das kleinere übel , bei der asylpolitik wurden beträchtliche fehler begangen und 6 mio afd - wähler zuzüglich 4 mio interessierte sind mehr als genug .

    zeit für neue ideen , egal welcher couleur .

  • "Seine Asylpolitik zielt auf den rechten Rand"

     

    vielleicht ist Söder ja nur ein machtgeiler...

     

    Aber ich fürchte - auch wenn die Maske noch nicht vollständig gefallen ist - Söder ist der rechte Rand!

    • @danny schneider:

      Den rechten Rand gibt es nicht und gab es nie.Ein Großteil der Deutschen, vor allem die in den sogenannten Freistaaten lebenden sind rechts.

      Das sogenannte Establishment tickt sowieso vorwiegend rechts.

      Wie sich doch die Geschichte wiederholt, von Außenlager zu Ankerzentren.

      Bayern war auch schon vor langer langer Zeit "Spitze":

      Interessierte können sich unter Außenlager des KZ Dachau informieren.