Asyl in Deutschland: In Zelten und Kasernen
Als Reaktion auf die steigende Zahl von Asylbewerbern will Duisburg eine Zeltstadt errichten. Entwicklungsminister Müller schlägt dagegen Kasernen als Herberge vor.
DUISBURG/BERLIN/FRANKFURT A.M. dpa/afp | Angesichts steigender Asylbewerberzahlen in Deutschland greift Duisburg zu einer Notmaßnahme und baut eine Zeltstadt. Dort sollen Asylbewerber, die der Stadt zugewiesen werden, bis zum Wintereinbruch vorübergehend untergebracht werden. Am Donnerstag hatte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vorgeschlagen, leerstehende Bundeswehrkasernen zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu nutzen. Das Verteidigungsministerium und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sollten überprüfen, ob es hier Möglichkeiten gebe: „Das würde die Kommunen erheblich entlasten. Hier müssen bürokratische Hemmnisse und Vorbehalte überwunden werden, um den Druck und die Not in den Kommunen sofort zu entschärfen“, forderte Müller in der Passauer Neuen Presse. Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl hält die Unterbringung von Flüchtlingen in leeren Kasernen nicht für eine langfristig geeignete Strategie. „Besser als unter freiem Himmel zu schlafen oder Zelte aufzustellen ist das allemal“, sagte Vize-Geschäftsführer Bernd Mesovic der Frankfurter Rundschau vom Freitag. „Aber eine dauerhafte Lösung ist das nicht.“
Die Idee sei im übrigen nichts Neues, stellte Mesovic klar. Ausgediente Kasernen der Bundeswehr würden schon seit Jahren auf Antrag von Städten und Gemeinden zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt. Notwendig sei aber ein langfristiges Konzept für die Unterbringung, sagte Mesovic.
Höchster Wert seit 1993
Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland steigt weiter an. Im Juli wurden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 19 431 Asylanträge gestellt, 75,6 Prozent mehr als im Juli 2013 und 38,6 Prozent mehr als im Juni dieses Jahres. Das ist zugleich der höchste Monatswert seit Juli 1993. Die meisten Asylbewerber kamen erneut aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Danach folgen Serbien, Eritrea und der Irak, wie das Bundesinnenministerium am Freitag mitteilt.
In der Zeit von Januar bis Juli 2014 haben insgesamt 97 093 Menschen in Deutschland Asyl beantragt, das sind 62 Prozent mehr als in den ersten sieben Monaten 2013. Etwa 20 Prozent der Antragsteller wurden als Flüchtlinge anerkannt. Die Zahl der noch nicht erledigten Anträge lag bei 123 000.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts