Asyl in Bayern: Blinder Syrer darf bleiben
Der Student Mheddin Saho aus Niederbayern hat Asyl bekommen. Nun sucht er einen Nebenjob – und arbeitet an seiner Master-Arbeit.
Der positive Bescheid kam schon Anfang März, doch darauf wollte sich der Anglistik-Student an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität noch nicht hundertprozentig verlassen. In der Vergangenheit ist er in Deutschland einer Zwangsabschiebung knapp entgangen, hatte vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) einen negativen Bescheid erhalten und eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg verloren.
Nun hat Mheddin Saho für kommende Woche einen Termin, um sich seinen Flüchtlingsausweis abzuholen. Zudem hat der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) seinen Unterstützern an der Uni jetzt geschrieben, dass das deutsche Asylverfahren mit einem „positiven Ergebnis abgeschlossen“ sei. „Eine Überstellung nach Spanien droht dem Betroffenen daher nicht mehr.“
Das Bamf argumentierte stets, Saho sei über Spanien nach Deutschland eingereist. Deshalb müsse er dorthin zurückkehren und dort auch Asyl beantragen. Nach seiner Ankunft in Rottenburg an der Laaber integrierte er sich aber schnell und lebt seitdem bei dem Ehepaar Gisela und Gerhard Zierer. Diese sind für ihn zu einer Art Ersatzeltern geworden. Saho ging an die Universität und nahm einen Masterstudiengang Englisch auf.
Kirchenasyl hat zu sicherem Status verholfen
Im Laufe der Zeit erhielt er viel Unterstützung; sein Fall wurde bundesweit bekannt, sah man doch die Abschiebung eines gut integrierten blinden syrischen Flüchtlings nach Spanien als unzumutbare Härte an. Letztlich hat ihm das Kirchenasyl zum nun sicheren Aufenthaltsstatus verholfen: Nachdem das Verwaltungsgericht negativ geurteilt hatte, stand erneut die Abschiebung im Raum. Deshalb begab er sich Ende August vergangenen Jahres für sechs Monate in einen der Öffentlichkeit unbekannten kirchlichen Raum.
Die Behörden waren darüber informiert, schritten aber nicht ein. Nach einem halben Jahr dauerhaften Aufenthalts in Deutschland haben Geflohene schließlich das Recht auf ein nationales Asylverfahren. So konnte die Abschiebung nach Spanien verhindert werden. Mheddin Saho bemüht sich nun um einen Nebenjob. „Ich möchte mein Brot selbst verdienen“, sagt er.
Und an der Master-Arbeit arbeitet er weiter: Für sein Thema muss er einige Zeit ein englischsprachiges Land besuchen. Da er mit seinem Ausweis nun reisen darf, plant er einen Studienaufenthalt in Irland oder auf Malta.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf
Ministerpräsidentenwahl in Sachsen
Der Kemmerich-Effekt als Risiko
Getöteter General in Moskau
Der Menschheit ein Wohlgefallen?
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt