Asien-Cup in Katar: Steile Karriere für Südkorea

Beim Asien-Cup hat Auswahltrainer Jürgen Klinsmann die Fußballer Südkoreas ins Halbfinale geführt. Zuvor stand seine Arbeit heftig in der Kritik.

Jürgen Klinsmann jubelt dem südoreanischen Spieler Son Heung-min zu

An der Jubelgeste erkannt: Jürgen Klinsmann freut sich am 2. Februar in Katar über ein Tor von Son Heung-min Foto: Stavrakis/AP

Vor wenigen Wochen hatten südkoreanische Medien noch großen Gefallen daran, über Jürgen Klinsmann zu mosern. Die Mannschaft spiele schlechten Fußball, war zu lesen, und dies bei diesem herausragenden Kader. Als die Truppe sich dann mit zwei Unentschieden eher schlecht als recht durch die Gruppenphase gequält hatte, galt auch diese Asienmeisterschaft – die seit dem 12. Januar in Katar läuft – fast schon wieder als gescheitert. Zumal: Im Achtelfinale gegen Saudi-Arabien lag Südkorea lange hinten. Ebenso im Viertelfinale gegen Australien. Meistens sah es nicht gut aus.

Mittlerweile aber kann Jürgen Klinsmann, der Südkorea seit einem knappen Jahr trainiert, ein bisschen drüber lachen. „Ich will es nicht jedes Mal so spät machen, glauben Sie mir“, erklärte der 59-jährige Schwabe am Freitag nach dem knappen 2:1-Sieg gegen Australien in der Verlängerung. „Aber vielleicht ist das unsere Story bei diesem Turnier.“

Die Medien des Landes sind mittlerweile jedenfalls begeistert. Die Nachrichtenagentur Yonhap erwähnt zwar, der Fußball sei nicht schön anzusehen, schwärmt aber von einem „magischen Ritt“. Im Fußball – einer der beliebtesten Sportarten in Südkorea – zählt das Land zwar zu den Großmächten Asiens. Aber die Asienmeisterschaft gewann es zuletzt 1960. Jüngere Menschen haben die Finalniederlage 2015 gegen Australien erlebt sowie das jeweilige Scheitern im Halbfinale 2007 und 2011 – nachdem Südkorea bei der WM daheim 2002 überraschend das Halbfinale erreicht hatte.

Um endlich Asiens Nummer eins zu werden, hat Koreas Fußballverband vor einem knappen Jahr Jürgen Klinsmann geholt. Anfangs galt die Verpflichtung als Sensation, Zeitungen schwärmten von der „deutschen Ikone“.

Jürgen Klinsmann, Auswahltrainer Südkoreas

„Es ist wichtig, dass alle eine positive Stimmung bilden. Die Fans, die Medien und natürlich das Team“

Doch seither hat sich Ernüchterung breitgemacht. Von den ersten fünf Spielen mit Klinsmann als Trainer konnte Südkoreas Auswahl kein einziges gewinnen. Die folgenden sechs Spiele gewann Klinsmann dann allesamt – allerdings gegen nominell unterlegene Mannschaften wie Vietnam, Singapur, China oder Irak. So war Klinsmann schon vor Turnierbeginn angezählt. Doch ihm mache das nichts aus, beteuerte Klinsmann im September, als schon über seine Entlassung spekuliert wurde.

Südkoreas starke Generation

In mehreren europäischen Top-Ligen zählen Südkoreaner zu den Leistungsträgern: In der Bundesliga ist da Kim Min-jae, Verteidiger bei Bayern München. In der Premier League führt der Stürmer Son Heung-min Tottenham Hotspur an. Lee Kang-in gilt bei Paris St.-Germain als Rohdiamant im Mittelfeld.

Außerdem: Im vergangenen Sommer holte Südkorea bei den Asian Games, einer Art olympischer Spiele für Asien, Gold im Fußball. Dort war es allerdings die U23, die antrat, angeführt von Jeong Woo-yeong, der 2023 vom SC Freiburg zum VfB Stuttgart wechselte. Die U23 wurde betreut von Ex-Nationalspieler Hwang Sun-hong. Für Klinsmann ist die Fallhöhe noch größer geworden.

Denn jeder weiß: Die aktuelle Generation von Südkoreanern zählt tatsächlich zu dem Besten, was Asien zu bieten hat. Wobei Klinsmann auch fernab des Sportlichen für Kritik gesorgt hat. Über die ersten Monate seiner Tätigkeit war er viel im Ausland – etwas, das auch zu seiner Zeit als DFB-Teamchef von 2004 bis 2006 auffiel, als er in Kalifornien wohnen blieb. In Süd­korea ­darauf angesprochen, reagierte er schnippisch: Dann werde er die Spieler, die in Europa spielen, eben nicht ansehen.

Aber Jürgen Klinsmann, der bei der WM 1994 ein Traumtor gegen Südkorea schoss, an das man sich in dem ostasiatischen Land bis heute erinnert, scheint gelernt zu haben. Mitte September holte er zu einem patriotischen Aufruf aus: „Es ist wichtig, dass alle eine positive Stimmung bilden. Die Fans, die Medien und natürlich das Team.“

Seine Truppe hat bisher zwar nicht durch Souveränität oder spielerische Über­legenheit geglänzt, aber jedes Mal Moral und Nervenstärke bewiesen. Im Halbfinale am Dienstag trifft die Mannschaft auf Jordanien, wo sie als Favorit gilt. Falls der Finaleinzug gelingt, würden die Wettquoten dann wohl erneut für Süd­korea sprechen. Das andere Halb­finale bestreiten Iran und Katar. Gut möglich, dass Jürgen Klinsmann in ein paar Tagen ein südkoreanischer Held ist.

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