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Arzneimittelkonsum hinter dem SteuerHigh auf dem Way

Drei von vier Autofahrern ignorieren die Risiken von Medikamenten. Apotheker kritisieren das „entspannte Verhältnis“ zu rezeptfreier Arznei.

Vorsicht: Autofahrer, die Pillen schlucken, sollten vorher ihren Arzt oder Apotheker fragen. Bild: dpa

BERLIN taz | Drei von vier Autofahrern ignorieren die Risiken und Nebenwirkungen von Medikamenten. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Studie, für die im Auftrag der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ADBA) rund 3.000 Personen ab 18 Jahren zum Einfluss von Medikamenten auf die Fahrtüchtigkeit befragt wurden.

85 Prozent der Befragten fahren Auto oder Motorrad. 99 Prozent geben an, zu wissen, dass Arzneimittel die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen können. Zwei Drittel der Bundesbürger haben sich schon einmal darüber informiert. Dennoch wird laut Studie das Risiko vor allem rezeptfreier Medikamente unterschätzt. Nur gut jedem zweiten Befragten ist bekannt, dass Arzneimittel etwa gegen Allergien ein Unfallrisiko in sich bergen.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sprach bei der Vorstellung der Studie von einem "relativ entspannten Verhältnis" der Befragten zu rezeptfreien Medikamenten, die das Fahrverhalten beeinträchtigen.

Auch die Beimischung von Alkohol, der die Wirkungen vieler Medikamente verstärken kann, wird unterschätzt. 31 Prozent der Befragten geben an, schon einmal beides miteinander kombiniert zu haben. Gut ein Drittel derjenigen, die sich über die Wechselwirkungen informiert haben, ignorieren diese.

Nebenwirkungen unterschätzt

Bei den Autofahrern liegen die Zahlen deutlich höher. 81 Prozent derjenigen, die über den Einfluss von Nebenwirkungen von Medikamenten auf die Fahrtüchtigkeit Bescheid wissen, fahren unvorsichtiger als die Nichtinformierten mit 70 Prozent.

Schmidt zog daraus den Schluss, dass es künftig die Aufgabe von Ärzten und Apothekern sein müsse, die Informationen auf Patienten individueller abzustimmen. Jeder solle die für ihn passende Beratung erhalten. Am Donnerstag findet in Deutschland der "Tag der Apotheke" statt. Er steht unter dem Motto "Erst fragen, dann fahren".

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6 Kommentare

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  • J
    Joe

    stehan mirwalt ist der geilste :D finds eigentlich irgendwie ziemlich cool, dass die vorsichtigen deutschen sich dahingehend gar nix scheißen. vermutlich passieren kaum unfälle, weil angepasst gefahren wird, und der vollkommenst unauffällige beruf der apotheker hat seine kurze publicity.

  • M
    Marcus

    Kein Aphotheker wird jemals sagen es ist OK unteter irgendeinem Medikamment Auto zu fahren, er würde sich damit ja Haftbar machen. Eine große Anzahl der Medikamente hat aber nur sehr selten oder sehr schwachen einfluss auf die Fahrtüchtigkeit. Es ist für den Patienten aber praktisch nicht abschätzbar welche Medikamente echt gefährlich sind (z.B.: viele Alergimittel) da prktisch auf allen davor gewarnt wird.

  • E
    Emma

    @ Stephan Mirwalt

    So einen Kommentar kann auch nur ein Stadtbewohner abgeben...

     

     

    Das Problem ist auch, dass auf den Beipackzetteln viele Nebenwirkungen angegeben sind, die so selten vorkommen, dass man nicht mehr ernst nimmt was drauf steht.

  • I
    Irmi

    Die Leute lesen doch die Beipackzettel, also wissen die was sie tun. Oder Apotheken müssen die Menschen hinweisen wie gefährlich bestimmte Medikamente am Steuer sind.

     

    Oder, es sollten keine Medikamente verkauft werden, nur damit sich die Pharmalobby immer mehr bereichern kann. Die Pharma weis ja schließlich welche Nebenwirkungen der irrsinnige Berg von Medikamenten hat.

     

    Was ist mit Psychopharmaka, die Leutchen können doch den Arbeitstag nur mit Medikamenten überstehen. Und die nehmen natürlich diese Medikamente um ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren.

     

    Die enorme Menge an Medikamente bräuchte man nicht, wenn unsere Ärzte dahingehend ausgebildet wären, tiefer zu gehen, die Ursache einer Krankheit zu finden, als nur die Patienten schnell mit einem Rezept los zu werden. Aber das verdanken wir ja Ulla Schmidt und Co. Der Patient ist nicht wichtig, er muss nur schaffen können, damit der Staat Steuern einschieben kann.

  • J
    Jan

    Und warum ist das so? Vielleicht mal weider recherchieren! Ich rede jetzt von mir. Ich fahre bewusst mit Medikamenten im Blut Auto. Warum? Ich muss wohne im Osten Deutschlands, auf dem Land. Muss jeden Tag 50 km zu meinem Arbeitsplatz fahren. Wenn ich krank bin habe ich mehrere Möglichkeiten. Ich kann mich krank melden, damit aber meinen Arbeitsplatz riskieren. Ich kann auf Autofahren verzicheten, komme aber nicht auf die Arbeit, also wieder das Risiko den Arbeitsplatz zu verlieren. 50 km mit dem Fahrrad? Ein bisschen viel. Und schlussnedlich bleibt noch trotz Medikamenten mit dem Auto zu fahren. Ist das Beste wenn man nicht wie viele hier dann auf Hartz4 angewiesen sein will.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Man sollte dem deutschen Spießer das Autofahren komplett untersagen. Dann kann er ruhig seine Pillen nehmen.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.