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Arte-ThemenabendDie neue Mafia

Der Arte-Themenabend "Das Geheimnis der Macht" (heute, 22.05 Uhr) berichtet über die Machenschaften der modernen Mafia - die inzwischen auch Deutschland betreffen.

Der Europaabgeordnete Rosario Crocetta kämpft gegen die süditalienische Mafia. Rund um die Uhr wird er von Leibwächtern geschützt. Bild: zdf

Drogenhandel, Schutzgelderpressung und wilde Schießereien. Die Film-Paten Marlon Brando und Al Pacino haben das Bild des Mafia-Bosses geprägt. Die neue Cosa Nostra funktioniert anders und zeigt sich subtiler. Und sie geht uns alle an. Das zeigt die auf dem Gebiet erfahrene Journalistin Carmen Butta in zwei neuen Dokumentationen, die Arte im Rahmen eines Themenabends präsentiert.

In "Dreckige Geschäfte" (23.20 Uhr) zeigt die Deutsch-Italienerin Butta eines der Betätigungsfelder der Cosa Nostra, das zwar nicht ganz neu ist, durch ausführliche Recherchen jedoch eindrucksvolle Brisanz bekommt. Das Thema: Müll.

Das Abfall-Chaos auf den Straßen Neapels ist dabei wohl das bekannteste, aber ein vergleichsweise kleines Umweltdrama im Gegensatz zu dem, was Butta beschreibt. Demnach haben maßgeblich Unternehmen der Cosa Nostra das milliardenschwere Entsorgungsgeschäft unter Kontrolle. Und sie verdienen prächtig daran, Tonnen von Giftmüll in das neapolitanische Hinterland zu kippen, statt sie ordentlich zu entsorgen. Schwermetalle, Dioxine und andere Gifte belasten deshalb die Felder und das Grundwasser der Gegend. Es geht also zunächst um ein regionales Problem.

Butta zeigt etwa eine Schäferfamilie. Erst starben alle Tiere, dann die Tochter an Krebs. Und sie zeigt einen Bauern, der seine Erdbeeren nach Nordeuropa exportiert. "Nach EU-Recht werden Früchte und Gemüse meist lediglich auf Pestizide untersucht, nur bei Verdacht auf Gifte wie Dioxine", merkt die Stimme aus dem Off an.

Doch Erdbeeren sind nicht der einzige Weg, auf dem italienisches Gift ins Ausland kommt. Mehrere Hunderttausend Tonnen "Hausmüll" sind während der Neapel-Krise nach Cröbern bei Leipzig exportiert worden. Das darunter auch Unmengen an Giftmüll waren, wurde erst vor Kurzem bekannt. Warum erst so spät, ist angesichts der im Film gezeigten Situation in und um Neapel kaum fassbar.

Während der Film in eindrucksvollen Bildern zeigt, wie Menschen für wenig Geld bereit sein können, ihre eigene Heimat für Generationen zu verseuchen, bleibt der andere Film von Carmen Butta an diesem Abend deutlich unkonkreter.

In "Mafia, Parasit" (22.05 Uhr) begleitet Butta Sizilianer, die gegen die Kriminellenorganisation kämpfen. Verbrecherromantik hat demnach nichts mehr mit der Mafia der "weißen Kragen" von heute zu tun. "Mafia ist jemand der drei Sprachen spricht und an den besten Universitäten studiert hat und er kann dir überall gegenüber stehen", sagt etwa Rosario Crocetta, ehemaliger Bürgermeister im sizilianischen Gela und jetzt EU-Abgeordneter.

Im Folgenden versucht Butta anhand zahlloser leider zu kurz und zu wirr abgehandelter Fälle zu erklären, wie die Mafia parasitär alle gesellschaftlichen Bereiche besetzt hat. Unterbrochen werden die Schilderungen der Protagonisten wie dem Staatsanwalt Roberto Scarpinato nur von einer Polizeieinheit, die untergetauchte Mafia-Bosse der alten Schule jagt - doch um die sollte es in diesem Film doch gerade nicht gehen.

Zwischen beiden Dokumentationen wird Scarpinato mit dem ehemaligen Sat.1-Anchorman Thomas Kausch über seine Erfahrungen mit der Mafia reden.

"Das Geheimnis der Macht - Die Mafia", Dienstag, 17.08.10, ab 22.05 Uhr.

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8 Kommentare

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  • DH
    Dr Harald Wenk

    @Klingelhella hat recht.

    Nur, was treibt die Ermittler dazu, so intensiv in den falschen Ecken zu suchen und auch lebenswichtige Deckung - sollte es wirklich im wirklichen Leben nicht nur im Fussball oder Schach geben - zu vernachlässigen?

    Wir sehen das Michel Serres mit seinem Werk über den Parasiten wirklich eine fundamentale Struktur, auch im zunächst und zumeist, kenntlich gemacht hat.

    So locker sollte ihnen z.B. das Dahingeben ihres Arbeitslosenschutzes bei Wahlen nicht mehr von der Hand gehen. Ein wenig Schachdenken: wer kann was ausnutzen und wer hat die, vor allem ihre, Deckungsfiguren, rhetorisch an ihre Moral appellierend, weggenommen?

    Also nie wieder SPD oder GRÜN wählen. Der Selbstachtung der Intelligenz wegen (Appell an den Kernnarzissmus). Der Selbsterahltungstrieb ist eh schon lange bei den meisten ausgeschaltet.

  • R
    rausdamit

    @unaussprechbar

    "Denn was machen alle die, die von Papa-Arzt das Zeugs nicht bekommen? Was machen die, die keine Lust auf Ärzte-Bevormundung haben? Die es vielleicht gar anmaßend finden, dass unterstellt bleibt, die Menschen, die keine Ärzte sind, seien zu dämlich und zu unreif, um über ihren Dorgenkonsum zu entscheiden?"

     

    den balkon zum treibhaus machen? gibt's nicht wenige ...

  • H
    hastemalneuro

    liebe taz und alle anderen folgenden vorschlag.

     

    1. telefonabhör zulassen wie in italien

    2. kriminelle anlagen einziehen wie in italien

    3. liegenschaftskataster europaweit

     

    danke

  • I
    italialibera

    leider wurde in dem film nur am rande bzw durch die blumen auf die zusammenhänge der höchsten politikkreise eingegangen.... es fehlten die klaren aussagen. ist vielleicht auch nicht möglich da sonst diese filme nie gesendet worden wären. berlusca und öttinger und wer weiß noch alles hätten es zu verhindern gewußt.....

    ...ich weise in diesem zusammenhang nur auf das buch von petra reski hin welches so zensiert nur auf dem markt erscheinen konnte....

  • MS
    momo - stoppt bangster

    Unaussprechbar treffend: Was Cannabis so alles anrichten kann...

  • CN
    Cosa Nostra?

    Cosa Nostra in Neapel? Ich dachte, das wären die Sizilianer_innen und die Neapolitaner_innen wären die Camorra?

  • K
    Klingelhella

    Tja, unsere Form der Kapitalismus bringt eben multinationale Konzerne hervor, und die Mafia ist in dieser Epoche zum effizientesten multinationalen Konzern und mächtigsten Wirtschaftskraft Italiens avanciert... zudem bietet sie ihren Mitgliedern mehr soziale Sicherheit als der italienische oder auch deutsche Staat. Traurig aber wahr.

     

    Hätte man auf Ermittlungsbeamte gehört, so hätten wir seit 2001 einen Kampf gegen das organisierte Verbrechen führen können. Aber nein, es musste gegen irgendwelche Handtuchköppe in Timbuktustan gehetzt werden, die mit Deutschland nun wirklich gar nichts zu tun haben.

  • U
    Unaussprechbar

    Dieser Artikel über die Mafia hängt mehr mit diesem Artikel zusammen, als man denkt:

    http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/kiffen-auf-rezept/

     

    Denn was machen alle die, die von Papa-Arzt das Zeugs nicht bekommen? Was machen die, die keine Lust auf Ärzte-Bevormundung haben? Die es vielleicht gar anmaßend finden, dass unterstellt bleibt, die Menschen, die keine Ärzte sind, seien zu dämlich und zu unreif, um über ihren Dorgenkonsum zu entscheiden? Was machen die denn wohl? Und wer profitiert davon? Wer bräuchte noch diese Sache der Ärzte, wenn es die Sache der Mafia gar nicht gäbe? ohoh, was für eine Behauptung! Was für ein Gedanke! Nein, so weit wollen wir nicht gehen, die Medizin ist immer nut gut und die anderen sind die "Bösen"! So ist es alles viel angenehmer in Pleasant Ville...

    Wir Viktorianer...