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Arte-Doku zur Besiedelung AmerikasVon Menschen und Mammuts

Seit wann ist Amerika besiedelt? Die Arte-Doku „Auf den Spuren der ersten Amerikaner“ zeigt das gesellschaftskritische Potenzial der Frage auf.

Bereits vor 30.000 Jahren könnten die ersten Menschen auf dem Landweg über die Beringstraße nach Amerika gekommen sein Foto: Bellota Films/LGM/arte

Amerika war schon immer da, soweit wir auf unserem wandelbaren Planeten von „immer“ sprechen können; die Frage ist, wann die Menschen kamen. „Um 11.000 v. u. Z. ist der ganze Kontinent bis nach Patagonien bewohnt“, heißt es zum Beispiel noch in meinem Referenzbuch für die „Globalgeschichte des Menschen“ von Laurent Testot aus dem Jahr 2021.

Den tragfähigsten Beleg dafür, dass Menschen schon sehr viel länger auf dem amerikanischen Doppelkontinent leben, liefert ein ehemaliger See, der sich heute als sandwüstenhafter White-Sands-Nationalpark im US-Bundesstaat New Mexico präsentiert. Hier, zeigt die Dokumentation „Auf den Spuren der ersten Amerikaner“ bei Arte, finden sich auf vom Sturm freigefegten Flächen vergipste menschliche Fußabdrücke neben denen von Mammuts.

Die in der Doku zu Wort kommenden Wissenschaftler datieren das Alter der Abdrücke anhand eingeschlossener Samenkörner auf bis zu 23.000 Jahre. Damit stammen sie aus einer Zeit, zu der kilometerhohe Eisschilde im Norden des Kontinents es den Menschen unmöglich gemacht haben, nach Amerika zu kommen.

Eine solche sehr viel länger zurückliegende Landnahme durch indigene Völker widerspricht aber der herrschenden wissenschaftlichen Meinung, die als Ideologie auch immer schon den Landraub der kolonialen Eroberungen rechtfertigen sollte.

Die Doku

„Auf den Spuren der ersten Amerikaner“, bis 25. 4. in der Arte-Mediathek

Kaum jemand hörte zu

Die Doku stellt den Sachverhalt anhand von Grabungen vom Yukon im Norden über das mexikanische Hochland bis nach Brasilien dar. Das ist eindrucksvoll als Wissenschaftskrimi inszeniert, wobei Kritik an der Längerbesiedlungsthese eher am Rande vorkommt. Wichtig sind die Stimmen von Menschen indigener Völker, auf die der Film einen Schwerpunkt legt.

Denn Anzeichen dafür, dass die Besiedlung Amerikas möglicherweise anders verlaufen ist als bislang behauptet, finden sich auch in deren mündlicher Überlieferung. Nur hat ihnen bislang kaum jemand zugehört.

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6 Kommentare

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  • "Anzeichen dafür, dass die Besiedlung Amerikas möglicherweise anders verlaufen ist als bislang behauptet, finden sich auch in deren mündlicher Überlieferung. Nur hat ihnen bislang kaum jemand zugehört." (Ambros Waibel)



    Wie der Autor zu der Behauptung kommt dass "ihnen bislang kaum jemand zugehört" habe, ist für mich nicht nachvollziehbar.



    Selbstverständlich ist schon lange bekannt dass es indigene Sagen, Legenden und Mythen gibt die der Wissenschaft widersprechen. Es ist nur so dass Wissenschaft nach belastbaren Fakten und Beweisen sucht und sich nicht mit "Hörensagen" (mündliche Überlieferung) zufrieden gibt. Und das ist auch gut so!



    Ich fand den hier angepriesenen Film hoch interessant. Gerade auch, weil hier indigene und weiße WissenschaftlerInnen mit den Methoden der modernen Wissenschaft zusammen arbeiteten. Die alten Legenden werden dabei nicht ausgeklammert. Ebenso werden koloniale Sichtweisen kritisiert.



    Der Film ist empfehlenswert!

    • @LittleRedRooster:

      anschließe mich - btw das Zitat stammt aus dem Film - Ambros Waibel zitiert nur & denke gemeint ist auf der “Wissenschaftsebene“.



      (gebe aber sosehr ich diese Narrative schätze - zu bedenken - daß für die hier eruierte Fragestellung - wie lange schon - narratives wie “schon immer hier“ usw doch eher vage sind! Viel interessanter für mich - wenn auch nicht verwunderlich - wie hartnäckig überkommene Grundannahmen klauenartig - ja geradezu unwissenschaftlich “verteidigt“ werden!



      Daß sojet nicht auf Archäologie etc. beschränkt ist - na logo!

  • Danke. Feines Teil. Echt sehenswert •

  • Was ist denn nun das "gesellschaftskritische Potenzial", das die Überschrift verspricht?

    Welche Ideologie rechtfertigt Landraub von Völkern, die vor rund 15.000 Jahren eingewandert, könnte ihn aber nicht mehr rechtfertigen, wenn diese Völker vor meinetwegen 30.000 Jahren eingewandert wären?

    Tut mir leid, ich habe es nicht verstanden.

  • Was will uns der Artikel nun sagen? Wo liegt das Potential für gesellschaftspolitischen Sprengstoff? Spielt es eine Rolle, ob die Native Americans, denen das Land genommen wurde, 11.000 oder 23.000 BC eingewandert sind? Archäologisch sicher interessant, aber relevant für heute???

    • @Sea23:

      Ich denke schon ist sehr relevant. Die Zivilisierten haben nie zu gehört was die indígenas wiesen und sagen. Die fahren in Richtung Kollaps. Die Zivilisation hat keine Gedächtnis und die pueblos americanos in ihre Tradition haben das schon. Deswegen haben bis heute so viel widerstand geleistet. Und wir müssen zuhören was due Puebla indígenas sagen und wiesen. Vielleicht ist unsere einzige Möglichkeit um den Kollaps umzugehen.