piwik no script img

Argentinien wirft antisemitischen Bischof rausHolocaust-Leugner wird ausgewiesen

Holocaust-Leugner Williamson muss innerhalb von zehn Tagen Argentinien verlassen. Sollte der Bischof dies nicht tun, wird er abgeschoben.

Erst wurde Richard Williamson als Leiter des Seminars der Pius-Bruderschaft abgesetzt, nun weist ihn Argentinien aus. Bild: dpa

BUENOS AIRES taz Argentinien hat den Holocaust-Leugner Richard Williamson des Landes verwiesen. Der Bischof der Pius-Bruderschaft wurde aufgefordert innerhalb von zehn Tagen Argentinien zu verlassen, teilte das Innenministerium am Donnerstag mit. Als offizielle Begründung heißt es, Williamson habe illegal in Argentinien gearbeitet und gegen die Bewilligungsgründe für seinen permanenten Aufenthalt verstoßen. Sollte der Geistliche der Anweisung nicht nachkommen, werde er zwangsweise abgeschoben.

Nach der Mitteilung des Innenministeriums hatte Williamson angegeben, er arbeite als Verwaltungsangestellter in der zivilen Vereinigung "Die Tradition", während er in tatsächlich als Leiter des Seminars der Pius-Bruderschaft in Argentinien tätig war. Der seit langem in Argentinien lebende Brite Williamson hatte das Seminar seit 2003 geleitet. Das Seminar ist nahe dem Ort La Reja, rund 40 Kilometer von der Hauptstadt Buenos Aires entfernt. Hier bildet der Orden derzeit 25 Seminaristen zu Priestern aus. Der 68-jährige war am 8. Februar von seinem Amt als Leiter des Seminars der Pius-Bruderschaft abgesetzt worden.

Jedoch bezog das Ministerium auch Stellung zu Williamsons Äußerungen. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte gegenüber den lokalen Medien, die Aussagen Williamsons "beleidigen die argentinische Gesellschaft, die jüdische Gemeinschaft und die gesamte Menschheit zutiefst, weil sie eine historische Wahrheit verleugnen." Williamson hatte in einem Fernsehinterview den Holocaust geleugnet. In Konzentrationslagern seien vielleicht 200.000 bis 300.000 Juden umgekommen, aber kein einziger sei vergast worden, sagte der katholische Geistliche.

Nach internationaler Kritik hatte der Vatikan den Bischof zum öffentlichen Widerruf aufgefordert. Das lehnt Williamson bislang ab. Aus Rom gab es bisher keine Stellungnahme zu der Anordnung der argentinischen Regierung. "Kein Kommentar", sagte Franco Lombardi, der Sprecher des Vatikans.

In der jüdischen Gemeinde in Argentinien traf die Ausweisung auf Zustimmung. "Wir begrüßen die Entscheidung der Regierung Bischof Richard Williamson auszuweisen. Den Holocaust zu leugnen ist nicht zu akzeptieren," sagte Aldo Donzis, der Präsident vom jüdischen Dachverband DAIA. Julio Schlosser, Generalssekretär des jüdischen Hilfswerks AMIA sprach von " einem sehr wichtigen Ereignis," denn die Aussagen Williamsons "haben auch Einfluss auf das Zusammenleben und den gesellschaftlichen Frieden, den Argentinien so dringend nötig braucht."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
  • E
    Eisvogel

    In den Ländern wo man solche Spinner mit einer gewissen Grosszügigkeit belächelt, gibt es meist am wenigsten echte Nazis.

     

    Aktionen wie Ausweisungen zeigen eben gerade nicht einen souveränen Umgang mit diesen Menschen – und sind ausserdem noch ganz leicht auf andere Lager umzumünzen. Siehe Berufsverbot und dergleichen.

     

    Solcherlei Hysterie verliert sich an der Oberfläche und dringt daher gar nicht erst bis zu neuzeitlicheren Gesicht der Menschenfeindlichkeit durch. Zudem wird nicht mehr unterschieden zwischen Leugnern und solchen die eine massenweise Abwertung anderer Menschen offen mittragen oder bis hin zum Mord ausführen würden. Die soziale Abwertung z.B. findet heute durchaus vor unserer Haustür statt, mit massenweise braven Ausführenden, aber über deren konkreten Schaden hört man allenfalls ein gewisses Brummeln, ansonsten wird still gehalten und auf Kommando im Dreieck gesprungen sobald die bequem vorgekaute Vergangenheitsbewältigung durch irgendeinen Geschichtsverdreher angepinkelt wird. Hauptsache abstrakt.

     

    Und das alles noch mal ganz abgesehen vom lakainartigen vorauseilenden Gehorsam in Sachen Unvergleichbarkeit – würde jemand die Ausrottung der amerikanischen Ureinwohner, die Verbrechen Stalins oder der Conquistadore leugnen, wäre er schlimmstenfalls ein brabbelnder Idiot, es würde ihn aber keiner ausweisen.

     

    Erwachsen ist das alles nicht, auf keiner Seite.

  • JS
    Jonas S.

    @Axel:

    Es ist ein unterschied, ob man eine Meinung hat(Locken find ich doof, Der Staat sollte schwächer sein usw usf.), oder ob man einen historisch bewiesenen Massenmord leugnet und damit die Angehörigen von mehreren Millionen Opfern beleidigt und auch in Frage stellt.

    Das ist wider jegliche Menschenwürde und führt in Deutschland auch zu ordentlichen Strafen. Bloß, wenn dieser Mann ein Gast in einem anderen Land ist und sich dort so äußert, dann darf er gerne rausgeworfen werden, Großbritannien ist kein Kriegsgebiet, er ist kein Asylant. Wenn ein Gast bei mir zu Hause ein Hitlergruß auübt, dann schmeiß ich ihn raus, was er bei sich zu hause macht ist mir absolut egal. Soll er in seine Heimat zurück und sich dort der Kirche und dem Recht stellen!

  • O
    onkelklaus

    Vielleicht sollte man erwähnen, dass es wohl auch Widersprüche in seinen Papieren gab, bezogen auf seinen Aufenthalt und, dass er angeblich bei einem anderen Verein als Leiter von irgendwas angemeldet ist, aber ja offensichtlich bei den Pius-Brüdern den dicken macht.

  • O
    Ogdan Ücgür

    Warum fordert niemand von Argentinien den Engländer sofort zu bestrafen? Würde der nach Deutschland einreisen, hätte er sofort die Staatsanwaltschaft auf dem Hals.

     

    Nur ausweisen? Vom Vatican wurde gefordert, ohne jede Rechtsgrundlage die allerschwerste Kirchenstrafe zu verhängen, die es überhaupt gibt und die normalerweise nur unter genau definierten kirchenrechtlichen Bedingungen angewendet werden darf, weil sie für einen Gläubigen schwere seelische Folter bedeutet.

     

    Warum fordert niemand, daß die Argentinier den Engländer foltern. Die haben immerhin eine Polizei und eine Armee und der Engländer ist in ihrem Land. Der Papst hat nur ein paar Schweizer Gardisten im Vatikan (wo übrigens italienisches Recht gilt - und in Italien ist Holocaust-Relativierung nicht strafbar).

     

    Williamsson ist übrigens kein Antisemit. Sein Vater kam im Konzentrationslager um.

  • M
    Martin

    Soll Deutschland ihn aufnehmen? ;-)

  • BW
    b. w.

    Bravísimo :-)) Ab in den Vatikan mit ihm! Dort sollte er Schuhe und Fenster putzen, um nachdenken zu können, und sollte auch ein paar historische Fortbildungsmaßnahmen erhalten.

  • AD
    Axel Dörken

    So sehr ich es bedauere, dass dieser Mann eine holokausverleugnende Einstellung hat und sie öffentlich auch äußerst, ist die Entscheidung ihn des Landes zu verweisen ein großer Schlag gegen das Recht auf Freiheit.

     

    Zudem ändert sich an der Situation dadurch absolut nichts. es führt eher dazu, dass derartige Gedanken nun hinter vorgehaltener Hand geäußert werden.

     

    So schafft man Anhänger für beide Lager, nicht aber eine freie Welt für Andersdenkende.

  • AL
    andre La

    Viva Ar-gen-tina!!

    Na, geht doch. Argentinien zeigt, wie man mit solchen gefährlichen Ignoranten umgehen sollte. Ist vielleicht auch ein Teil eigener Vergangenheitsbewältigung: die katholische Kirche spielte insbesondere zur Zeit der Diktatur - von kleinen Ausnahmen abgesehen - keine rühmliche Rolle, um es sehr freundlich auszudrücken.

    Vielleicht bietet Pabst Benni Willy "Kircheasyl" an: Der letzte Pius zeigte sich bei politisch ähnlich orientierten ja auch recht flexibel und aufnahmewillig.