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Argentinien will Dollar weißwaschenMilliarden unter der Matratze

Mindestens 200 Milliarden US-Dollar lagern in Bankschließfächern, im Ausland oder bar zu Hause. Argentiniens Präsident Milei will sie legalisieren.

Will Milliarden weißwaschen: Javier Milei, Präsident von Argentinien Foto: Tomas Cuesta/reuters

Buenos Aires taz | „Deine Dollar – Deine Entscheidung.“ Unter dieser Devise will Argentiniens Regierung Milliarden US-Dollar an Schwarzgeld weißwaschen. Nach offiziellen Schätzungen lagern rund 200 Milliarden Dollar informell in argentinischen Bankschließfächern, auf nicht deklarierten Auslandskonten oder als Bargeld unter der Matratze. Einige Schätzungen gehen sogar von bis zu 400 Milliarden Dollar aus.

Er wolle ihren Besitzern „mehr Freiheit geben“, sagte Wirtschaftsminister Luis Caputo. Zu diesem Zweck kündigte Caputo einen „Plan für die historische Rückgewinnung der Ersparnisse der Argentinier“ an. Laut Caputo waren die Steuerbelastung und die Kontrollen der Steuerbehörden unter den Vorgängerregierungen so groß, dass die Argentinier gezwungen gewesen wären, Teile ihres Einkommens und Vermögens „schwarz“ beiseite zu legen.

„Für jeden Dollar im formellen Wirtschaftssektor gibt es fünf Dollar im informellen Sektor“, so Caputo. Den Begriff Geldwäsche vermied er. „Die Argentinier gelten wieder als unschuldig, bis die Steuerbehörde das Gegenteil beweist“, ergänzte Präsidentensprecher Manuel Adorni. In einer ersten Phase will Präsident Javier Milei nun zahlreiche Steuerkontrollmechanismen und Informationspflichten gegenüber den Steuerbehörden abschaffen oder lockern und höhere Obergrenzen für meldepflichtige Finanztransaktionen einführen.

In einer zweiten Phase werden dem Kongress weitere Gesetzesreformen vorgelegt. Dazu gehören Änderungen des Steuer- und Steuerstrafrechts, die die Verwendung nicht deklarierter Dollar jetzt und in Zukunft legalisieren.

Jeder Präsident hat eigenen Blanqueo

„Blanqueo“ (deutsch Weißer) ist eigentlich das Wort, das am Río de la Plata benutzt wird, wenn es darum geht, einen Teil der informellen Dollar in den legalen Bereich zu holen. Dafür nutzen Präsidenten meist den Beginn ihrer Amtszeit, so auch Milei. Bei seinem Blanqueo 2024 wurden rund 20 Milliarden Dollar angemeldet, für die nur geringe Steuernachzahlungen fällig waren. Allerdings ist der Blanqueo eine zeitlich befristete Steueramnestie, Milei geht weiter.

Die von ihm im Wahlkampf versprochene Dollarisierung und Abschaffung von Peso und Zentralbank wurde damit jedoch nicht eingeläutet. Ganz im Gegenteil. Die äußerst restriktive Emissionspolitik der Zentralbank hat zu einer Verknappung des Peso geführt. Doch statt die Notenpresse anzuwerfen und einen Inflationsschub zu riskieren, sollen bislang nicht deklarierte Dollar in den offiziellen Finanz- und Wirtschaftskreislauf fließen. „Wir brauchen mehr Liquidität für die Wirtschaft“, sagte Caputo.

Wie dies jedoch genau geschehen soll, ohne schmutzige Dollar aus Drogen- und Menschenhandel, organisiertem Verbrechen und Korruption zu waschen, ist noch unklar. Nicht nur die internationale Task Force gegen Geldwäsche, kurz Gafi, wird dies aufmerksam verfolgen. Auch Argentiniens Dollarbesitzer werden warten, bis juristische Klarheit herrscht.

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1 Kommentar

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  • "Die äußerst restriktive Emissionspolitik der Zentralbank hat zu einer Verknappung des Peso geführt. Doch statt die Notenpresse anzuwerfen..."



    Äh, ja. Zurück zur Hyperinflation wäre genau der richtige Weg.



    "...ohne schmutzige Dollar aus Drogen- und Menschenhandel, organisiertem Verbrechen und Korruption zu waschen..."



    Äh, ja. Die Hyperinflation hat mit den versteckten Dollars bestimmt nichts zu tun. Dass jeder, der konnte, seine Pesos so schnell wie möglich in eine wertbeständigere Währung umtauschte, ist bestimmt nur ein von interessierten Kreisen gestreutes Gerücht.



    Wie sich der kleine Moritz Geldpolitik vorstellt...