Medialer Spaltpilz ist erwacht

G20 Konservative Medien versuchen schon jetzt, die Kritiker des Treffens der Regierungschefs zu diskreditieren – auch mit Gewaltdebatten und schiefen Bildern

G20-Gegner nehmen kein Blatt vor den Mund: Konservative Medien nehmen manches vielleicht zu wörtlich Foto: Bodo Marks/dpa

Von Kai von Appen

Die Bewegung gegen den G20-Gipfel am 7. und 8. Juli wächst und wird immer vielfältiger: Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht eine Gruppierung ankündigt, sich an Aktionen gegen das Treffen der Regierungschefs der 20 mächtigsten Industrienationen und Schwellenländer in den Messehallen beteiligen zu wollen. Auf der anderen Seite versuchen konservative Medien – mit Warnhinweisen des Inlandsgeheimdienstes bespickt – den Protest mit Extremismus- und Gewaltdebatten zu spalten und die Gipfel-Gegner zu diskreditieren.

So versuchte jüngst die Zeitung Die Welt, den Aktionskongress „G20 entern – Kapitalismus versenken“ am 11. Februar in der Uni zu verhindern, da dieser von der studentischen Gruppe AA/NO (Arbeitslose Akademiker/Nachwuchsorganisation) angemeldet worden sei. Der Verfassungsschutz sehe in der AA/NO einen „Ableger der linksextremen Marxistischen Gruppe“, die sich offiziell aufgelöst habe, aber unter Tarnbezeichnungen fortgeführt werde. Auch die Vertreter des Revolutionären Aufbau Schweiz und der Anarchisten aus Griechenland hätten sich angekündigt. Neben Workshops und Vorträgen stehe ein Blockadetraining auf dem Programm, mahnte das Springer-Blatt. So sollte offenbar der Eindruck entstehen, dass extremistische Streetfighter im Von-Melle-Park praktisch den Straßenkampf proben wollen.

Meinungsfreiheit erklärt

Mit ähnlicher Berichterstattung hatte das Hamburger Abendblatt bereits im vergangenen November versucht, einen G20-Aktionskongress an der Hochschule für angewandte Wissenschaften HAW zu torpedieren. Damals sprang der HAW-Präsident Claus-Dieter Wacker über das Stöckchen, verbot den Kongress und musste vom Amtsgericht St. Georg eine Nachhilfestunde in Sachen Meinungsfreiheit erteilt bekommen. Das Uni-Präsidium wiederholte diesen Fehler jetzt nicht. An dieser Entscheidung des Amtsgerichts habe sich das Präsidium bei der Vergabe der Räumlichkeiten an der Uni orientiert, sagte Sprecherin Merel Neuheuser.

Im Gegensatz zum Klimacamp 2008, bei dem in Osdorf auf freiem Feld TeilnehmerInnen ganz praktisch gewaltfeie Blockaden gegen das Kohlekraftwerk Moorburg trainierten, geht es beim geplanten G20-Aktionskongress an der Uni nicht um die physische, sondern um die mentale Vorbereitung. „Damit wir uns nicht nur im blinden Aktionismus dagegen verlieren, wollen wir euch im Vorfeld theoretischen Input bieten und mit euch über die aktuellen Entwicklungen in der Welt diskutieren“, heißt es in der Ankündigung. Anschließend sollen Arbeitskreise die Möglichkeit geben, den Protest mitzugestalten.

Denn wie dieser genau aussehen soll, ist im Details noch gar nicht klar. Es deutet vieles darauf hin, dass es vor dem Gipfel zu einer Protestwoche kommt. So plant etwa die No-G20-Plattform aus dem Spektrum von Campact, Greenpeace und Naturfreunde Deutschland am 2. Juli eine Großaktion. Am 6. Juli wollen dann autonome und internationalistische Gruppen unter der Motto „Welcome to Hell“ den Regierungschefs einen gebührenden Empfang bereiten.

Am 8. Juli ist ein Sternmarsch geplant, zu dem rund 50.000 Menschen erwartet werden. Dem Bündnis, das den Marsch organisiert, gehören neben den Globalisierungskritikern von Attac unter anderem die Grüne Jugend, die Gewerkschaft ­Ver.di Hamburg, autonome Gruppen und die Umweltschutzorganisation Robin Wood an. In den nächsten fünf Monaten sind also noch eine Reihe medialer Sperrfeuer programmiert.

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