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Jetzt wird in die Hände gespuckt

AUFBAU Das EU-Parlament gibt grünes Licht für den europäischen Investitionsfonds. SPD und Grüne sehen darin einen Durchbruch für eine andere Wirtschaftspolitik

In der Nacht: Griechenland

■ Am Mittwoch ging es hin und her in Sachen Schuldenkrise. Der IWF giftete, die Vorschläge aus Athen enthielten zu wenig Kürzungen. Egal: In der Nacht auf Donnerstag verhandelten sie alle miteinander. Eine Einordnung der Ergebnisse gibt’s zunächst auf taz.de.

VON ERIC BONSE

BRÜSSEL taz | Es ist das größte und ehrgeizigste Investitionsprogramm in der Geschichte der EU: 315 Milliarden Euro wollen die 28 Mitgliedstaaten in den kommenden drei Jahren mobilisieren, um die Wirtschafts- und Finanzkrise hinter sich zu lassen. Nach langen Verhandlungen gab das Europaparlament am Mittwoch sein Okay für das neue Programm, das im EU-Jargon „Efsi“ (Europäischer Fonds für strategische Investitionen) heißt.

Damit geht eine lange Geschichte zu Ende, bei der Kommissionschef Jean-Claude Juncker viele Federn lassen musste. Ursprünglich war geplant, den Efsi mit ungenutzten EU-Mitteln etwa aus dem Euro-Rettungsfonds sowie nationalen Beiträgen zu füllen. Er sollte der EU-Kommission unterstehen und das Image der Brüsseler Behörde aufbessern: Statt immer nur zu streichen und zu strafen, würde die EU endlich Wachstum und Jobs fördern.

Doch Deutschland stellte sich quer. Juncker musste das Geld für seinen Fonds aus dem laufenden EU-Budget zusammenkratzen und danach durch das Anlocken privater Gelder „hebeln“: Aus 21 Milliarden Euro sollen so 315 Milliarden werden. Auch die erhofften nationalen Beiträge blieben aus. Deutschland, Frankreich und andere EU-Staaten wollen nun Mittel aus ihren nationalen Förderbanken beisteuern, also unter ihrer Kontrolle.

Dennoch feiern die Europaabgeordneten den Efsi nun als großen Erfolg. „Wir haben aus den Fehlern gelernt, die beim Wachstumspakt und bei der Jugendgarantie gemacht wurden“, freut sich Udo Bullmann (SPD), der Verhandlungsführer. Die EU-Parlamentarier haben strikte Auswahlkriterien und ein enges Kontrollnetz durchgesetzt.

So wollen sie sicherstellen, dass mit den Efsi-Geldern nicht nur Atomkraftwerke oder Autobahnen gefördert werden, wie sich dies die EU-Staaten gewünscht hatten. Nun sollen Milliarden in erneuerbare Energien und Breitbandnetze fließen.

Außerdem wollen sie verhindern, dass private Investoren die neuen Mittel einfach nur mitnehmen. „Es muss ein zusätzlicher Nutzen entstehen“, so Bullmann. Wenn es nach dem Vorsitzenden der SPD-Gruppe geht, soll der Efsi eine Wende einleiten – weg von der Austeritätspolitik, hin zu einer aktiven Wirtschaftspolitik. Allerdings teilen nicht alle seine hochfliegenden Visionen. So hat die Bundesregierung klargemacht, dass letztlich der Markt entscheiden müsse. Auf deutschen Wunsch wurde der Efsi der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg unterstellt, die der deutsche FDP-Politiker Werner Hoyer leitet.

Auch im Europaparlament sind nicht alle begeistert. Der Efsi sei eine „teure Renditegarantie für Finanzhaie und kein Ersatz für ein echtes öffentliches Investitionsprogramm“, kritisiert Fabio De Masi von den Linken. Skeptisch ist auch Sven Giegold (Grüne): „Weil andere Programme gekürzt werden, werden die zusätzlich ausgelösten Investitionen viel geringer sein als die versprochenen 300 Milliarden Euro.“ Dennoch werde der Plan großen Nutzen für Umwelt und Beschäftigung bringen.

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