: Teure Türöffner
BILDUNG Privathochschulen werden immer beliebter in Berlin. Aber warum studieren junge Leute dort? Und wem genau stehen diese Universitäten eigentlich offen?
VON ALKE WIERTH
Bildung und Ausbildung sollen nichts kosten und so niemanden benachteiligen. Im Gegenteil: Kinder aus finanzschwachen Familien sollen möglichst unterstützt und gefördert werden, um schlechtere Startbedingungen auszugleichen. Das ist seit Jahrzehnten ein Credo sozialdemokratischer deutscher Bildungspolitik, und das ist gut so. Doch die wachsende Zahl nicht nur von kostenpflichtigen Privatschulen, sondern auch privater Unis, die sich zudem stetig wachsender Beliebtheit bei StudentInnen erfreuen, zeigt, dass da irgendetwas im Argen liegt.
Private Hochschulen seien „mit ihrem Angebot eine Ergänzung der staatlichen Hochschullandschaft in Berlin“, so die Haltung der – sozialdemokratisch geführten – Bildungsverwaltung von Berlin. Gut 12 Prozent der 170.000 Studierenden hier lernen mittlerweile an Privatunis.
Der Satz der Bildungsverwaltung ist durchaus richtig: Die privaten ergänzen das staatliche Angebot – und treffen offenbar auf eine Marktlücke. Fragt man AbiturientInnen, warum sie sich für Privatunis entscheiden, verweisen sie auf deren erheblich praxisbezogenere Ausbildung, auf integrierte Praktika mit festen Kooperationsfirmen, aber auch auf die überholten Auswahlkriterien staatlicher Hochschulen. Die gucken oft auch bei solchen Studiengängen nur nach Abschlussnoten, wo Privatunis nach einleuchtenderen Eignungskriterien auswählen. So kann man mittlerweile gar Medizin an Privatunis studieren – mit Aufnahmeverfahren, die nach ganz anderen Qualifikationen als dem Notendurchschnitt beim Abi fragen.
Das ist angesichts des Fachkräftemangels in vielen Arbeitsbereichen und einer Ausbildung an staatlichen Hochschulen, die häufig am Praxisbedarf vorbeizielt, wirklich eine sinnvolle Ergänzung des Bildungsangebots.
Bleibt die Frage, wem diese Ergänzung denn offensteht. Und das sind eindeutig nur Kinder von ÜberdurchschnittsverdienerInnen, wenn private Hochschulen im Durchschnitt 600 Euro pro Monat kosten.
Das ist nicht gerecht und es passt nicht ins sozialdemokratische Bildungsideal – das wohlgemerkt immer nur ein Ideal war.
Ein Blick auf zwei Berliner Privatunis SEITE 44/45
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen