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Der Verkannte

Heribert Leutner ist einer, der Dinge leicht persönlich nimmt: Zu Hamburgs Elbphilharmonie-Untersuchungsausschuss bringt der 53-Jährige einen Rechtsbeistand mit, damit man ihn nicht übers Ohr haut. Vor Gericht verheddert er sich in Vorwurfs-Kaskaden gegenüber dem Bauriesen Hochtief, statt seinen Anwalt reden zu lassen. Und auch die Kündigung des Geschäftsführers der Elbphilharmonie-Realisierungsgesellschaft Rege vom Montag klingt etwas beleidigt: Seine Arbeit – die Vorbereitung auf die eventuelle Trennung von Hochtief – werde nicht gewürdigt, schrieb Leutner. Deshalb gehe er.

Dabei war der – in so großen Projekten allerdings unerfahrene – Ingenieur zuletzt eine wichtige Figur in den Verhandlungen mit dem zögerlichen, stetig Geld fordernden Baukonzern, der noch bis Ende Februar Zeit hat, einen neuen Vertrag zu unterschreiben, bevor er fliegt.

Diese Eskalation hat offenbar auch Leutner nicht abwenden können, obwohl man ihn 2008 genau dafür zur Rege zurückgeholt hatte. Dort war er von 2004 bis 2007 schon einmal Projektleiter gewesen, um schließlich wegen des autoritären Führungsstils seines Chefs zu kündigen. 2008 wurde dieser Chef wegen „Verkantungen“ geschasst, und Leutner sollte reparieren. Doch zunächst mal unterschrieb Leutner den Nachtrag 4, der immense Preissteigerungen enthielt – sowie eine katzbuckelnde „Einigungssumme“ von 30 Millionen Euro für Hochtief.

Auch in den Folgejahren hat es Leutner, der mit den Ideen Transparenz und Mediation angetreten war, nicht geschafft, dem Baukonzern Zügel anzulegen. Der zuletzt einjährige Baustopp beweist es. Möglich auch, dass Leutners Hang, die Dinge kleinteilig zu betrachten, nicht sonderlich diplomatisch war.

Hamburgs SPD-Senat jedenfalls hat zum Januar einen Neuen für das Elbphilharmonie-Projekt geholt, den Bauingenieur Martin Heyne. Der kennt sich mit Großprojekten bestens aus. Leutner hat geahnt, dass da für ihn kein Platz mehr sein würde und die Konsequenz gezogen.  PS

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