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Der neue Stern auf dem Platz

Auf die eiserne Journalistenregel „no jokes with names“ muss seit vergangenem Montag, als der Stern des 20-jährigen Südkoreaners Choi aufging, verstärkt gepocht werden. „Das war alles andere als choißlich“, kalauerte zuerst der Stadionsprecher des FC St. Pauli, Rainer Wulf, als Chois ausgewechselt wurde. Für Interviews sei er aber noch zu „choi“ wurde der Presse später mitgeteilt und ein Sportjournalist freute sich, das da nun endlich einer sei, der nicht nur ein „Choinentor“ treffe.

Während Wortspiele dieser Güte am Millerntor nun auf den Index gehören, sollte man sich den Namen Kyoung-Rok Choi merken. Am vergangenen Montag gehörte der 2012 nach Hamburg gewechselte Nachwuchsspieler zum ersten Mal zum Profi-Kader und fand sich gleich in der Startelf wieder. Mit zwei schnellen Toren und einer Torvorlage wurde er zum Matchwinner beim unerwarteten 4:0-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf und damit auch zum Hoffnungsträger im anstehenden Abstiegskampf.

Dass ein Choi allein aber noch keinen Fußballfrühling macht, zeigte sich hingegen am vergangenen Freitag, als der Stürmer beim Auswärtsspiel unauffällig agierte, nur einmal in Richtung Tor schoss und gemeinsam mit seiner Mannschaft beim Tabellenvierten aus Karlsruhe mit 0:3 unterging.

Choi spielt seit knapp drei Jahren in Hamburg. Im Sommer 2012 wechselte der damals 17-Jährige auf Empfehlung des Hamburger Spielerberaters Thies Bliemeister vom Team der Ajou University aus der südkoreanischen Millionenmetropole Suwon in die Nachwuchsakademie des FC St. Pauli. Fortan spielte der fünfmalige Jugendnationalspieler, der in Schnelsen wohnt und meist mit dem Bus zum Training kommt, bis zur U23 in allen Jugendmannschaften des Clubs. Zur Belohnung für gute Leistungen durfte er jetzt im Winter mit den Profis ins Trainingslager in die Türkei reisen.

Weil durch sein sensationelles Debüt die fußballinteressierte Welt auf den jungen Südkoraner aufmerksam geworden ist, will Paulis Sportchef Thomas Meggle nun handeln und seinen Vertrag langfristig verlängern – auch für den Fall, dass die Hamburger in die dritte Liga abstiegen sollten. Bisher gibt es für Chois im Sommer auslaufenden Vertrag eine Verlängerungsoption nur für die zweite Bundesliga.

Doch nur mit jungen und vergleichsweise preiswerten Perspektivspielern wird der FC St. Pauli in der dritten Liga bestehen können, sollte die Mannschaft den Klassenerhalt nicht schaffen. Und dann erst wird sich auch zeigen, ob Choi ein aufgehender Stern am Fußballhimmel oder bloß eine Sternschnuppe ist.  MARCO CARINI

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