piwik no script img

Braunschweig – das neue Tennis-Mekka

Tennis-Standortpolitik vom Feinsten: Während das Masters am Hamburger Rotherbaum abgesägt werden soll, etabliert sich in der Braunschweiger Volkswagenhalle der Davis-Cup mit einem Sieg der Deutschen über Südkorea

Koreaner sind höfliche Menschen. Nehmen wir etwa Jae-Sung An, die Nummer 329 der Tennisweltrangliste. Der 22-Jährige nimmt sich trotz seiner glatten Niederlage reichlich Zeit für zwei koreanische Journalisten. Dabei schwärmt er: „Braunschweig gefällt mir gut. Die Stadt, die Leute, die Halle – es ist sehr angenehm hier. Daran hat es nicht gelegen.“

Am Wochenende fand zum zweiten Mal eine Davis-Cup-Begegnung in der Braunschweiger Volkswagenhalle statt, in der sich das deutsche Team ohne große Mühen für die nächste Runde gegen Spanien qualifizierte. Vor sieben Jahren gewann Deutschland gegen Rumänien mit 3 : 2. Und die Halle nahe dem Messegelände konnte sich erneut als Spielort empfehlen. Das verwundert. Pro Spieltag verloren sich kaum mehr als 2.000 Menschen im Tribünenoval der Halle.

Die Stimmung ist entsprechend gediegen. Der Altersschnitt der Besucher ist hoch, und alle sind irgendwie zufrieden – gerade, weil es so beschaulich zugeht. „Wer spielt heute noch gleich alles?“, fragt da eine Dame am Sonntag ihren Begleiter. Der antwortet: „Zuerst der kleine Philipp“. Eine andere Dame schwärmt abseits der Courts – der kleine Philipp Kohlschreiber hat mit seinem Sieg das deutsche Team gerade uneinholbar mit 3 : 1 in Führung gebracht – „Aber das war doch wirklich schön heute, gell?“ Es herrscht Wohlfühlatmosphäre in Braunschweig.

Der Davispokal, dieser traditionsschwere Länderwettbewerb, ist zusammengeschmolzen zu einer kleinen, exklusiven Veranstaltung für Liebhaber. Vorbei sind die Zeiten, in denen Boris Becker mit seinen ihm getreuen Schlägerschwingern die großen Hallen einer Tennisnation füllte.

Sundern, Krefeld und eben Braunschweig heißen die neuen Spielstätten. Dass muss nicht unbedingt schlecht sein für die Entwicklung des Sports, der seit dem Abgang seiner besten Akteure nicht wirklich weiß wohin.

„Tennis in Deutschland befindet sich schon seit langem im Wandel“, sagt auch der Verbandspräsident Georg von Waldenfels. „Und mit Events wie hier in Braunschweig, die kleiner und dadurch persönlicher sind, machen wir gute Erfahrungen.“ So könnte die Braunschweiger Davis-Cup-Wohlfühlatmosphäre in Serienproduktion gehen.

Denn das Turnier am Hamburger Rotherbaum – Deutschlands letztes Championat, das auch Stars wie Roger Federer oder Rafael Nadal anlockt – soll abgesägt werden. Dieses Jahr wirbt der Veranstalter noch mit dem griffigen Slogan „Hamburg – Der Center Court der Welt“, doch der Weltverband möchte Hamburg aus dem Kalender der wichtigsten Turniere streichen. Dagegen kämpft der deutsche Verband. Aber nicht nur hinter vorgehaltener Hand wird schon eine Alternative diskutiert: der Umzug des Turniers vom Rothenbaum in die Color Line Arena. LARS GEIGES

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen