DER RECHTE RAND: Radikalisierter Parteinachwuchs
In Fragen der Namensgebung ist Hamburgs Neonaziszene nicht dogmatisch: Seit ihrem Verbot im Jahr 2000 agiert die ehemalige Freie Kameradschaft (FK) „Hamburger Sturm“ um Jan Steffen Holthusen unter vielen Namen. Mal richtet sie als „Bürgerinitiative unsere Zukunft“ Infostände gegen Hartz IV aus, mal führen die Kameraden als „Bürgerinitiative für ein sicheres Bergedorf“ im gleichnamigen Stadtteil Straßentheater gegen den geplanten Bau einer Moschee auf. Ganz auf Linie das Hamburger-NPD-Chefs Jürgen Rieger haben frühere FK-Kader jetzt einen Landesverband der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) gegründet.
Dort, erklärt Rieger, „haben sich Aktivisten zusammengefunden, um unser Profil bei jungen Deutschen“ zu schärfen. Wer mindestens 14 Jahre alt und an „offensiver politischer Arbeit interessiert ist“, sei eingeladen. Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt offenbarten die JN bereits, was darunter zu verstehen ist: Am 16. Februar hinderte die Polizei rund 20 rechte Aktivisten daran, den Infostand einer Antifa-Initiative in Hamburg-Bramfeld anzugreifen.
Das FK-Konzept, beobachtet auch der Verfassungsschutz, wird nicht mehr „uneingeschränkt“ umgesetzt. Der Grund: Mit Rieger gingen im vergangenen Jahr viele vormals „Freie Kameraden“ in die NPD – eine Radikalisierung des Verbands. In Sachsen-Anhalt, wo der JN-Bundeschef Michael Schäfer lebt, wird die NPD-Nachwuchsorganisation längst von FK-Aktivisten gebildet. Offenbar greift die radikale Rhetorik des Politikstudenten Schäfer, der für die NPD im Kreistag Harz sitzt: „Wir leben einen Befreiungsnationalismus, der sozialistisch ist im Wirtschaftlichen, national im Staatlichen, völkisch im Kulturellen.“
Einige so genannt Freie Kameraden vom „Aktionsbüro Norddeutschland“ mögen indes nicht „überlaufen“. Für den 1. Mai-Aufmarsch in Hamburg mobilisieren sie trotz dieser Differenzen mit.
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