: Mehr Milch für Europa
Deutschland fürchtet fallende Milchpreise: Agrarminister Seehofer stimmt in Brüssel gegen eine Quotenerhöhung
BERLIN taz ■ Die kaufkräftige Schicht Asiens will europäischen Qualitätskäse essen – auch deshalb soll es Europas Bauern erlaubt werden, ab April mehr Milch zu produzieren. So argumentiert EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel, und der Großteil der EU-Landwirtschaftsminister hat sich ihr am Montag in Brüssel angeschlossen – der deutsche war nicht darunter.
„Seit einigen Wochen fallen die Milchpreise wieder“, begründete Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) seine Ablehnung. Und wenn die in der EU produzierte Milchmenge ab 1. April um 2 Prozent steigen darf, könnte das die Preise für die Landwirte zusätzlich dämpfen. Im vergangenen Jahr hatten die Milchpreise Rekordwerte erreicht: Die Nachfrage nach Butter, Milchpulver und Käse war weltweit hoch, das Angebot hielt damit nicht Schritt. Wegen Dürre exportierte Australien deutlich weniger Milch als erwartet: Weniger Getreide bedeutet teureres Futter. Die Ernte soll dieses Jahr deutlich besser ausfallen. Auch deshalb wird das Angebot weltweit zulegen.
Wenn die Produktion in der EU nicht steigt, riskiere Europa, wichtige Marktchancen zu verschlafen, meint hingegen Fischer Boel. Bei der Ausweitung der Quoten soll es deshalb nicht bleiben: 2010 sollen diese nochmals um 6 Prozent steigen, 2015 dann völlig auslaufen. Die Quotenregelung war 1984 EU-weit eingeführt worden, um „Butterberge“ und „Milchseen“ abzubauen und die Preise stabil zu halten. Für jeden Betrieb ist seitdem festgeschrieben, wie viel Milch er produzieren darf. Landwirte, die eine höhere Menge absetzen wollen als erlaubt, müssen Quoten zukaufen.
„Das Vorhaben, die Quoten zu erhöhen, geht an den Realitäten vorbei“, sagt Hans Foldenmauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter. Es sei derzeit zu viel Milch auf dem Markt, die Bauern fürchten fallende Preise. Zwischen 32 und 40 Cent erhalten sie derzeit je Liter von den Molkereien, Tendenz sinkend. Und auch davon, dass die Quotenregelung ganz fallen soll, hält er wenig: „Davon profitieren nur ein paar Große. Für den Verbraucher wird es vielleicht zunächst günstiger, aber im Endeffekt werden die verbleibenden Unternehmen ihre Marktmacht ausnützen“, meint Foldenmauer. Das sieht man beim Deutschen Bauernverband anders: Bis 2015 hätten die Milchbetriebe – ob groß oder klein – genügend Zeit, sich auf die neue Marktsituation vorzubereiten. CHRISTINE ZEINER
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