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Genosse Kandidat

Weil er über seine SED-Mitgliedschaft nicht die Wahrheit gesagt hat, verliert der Pinneberger Bürgermeisterkandidat Kurt Schoula die Unterstützung von CDU und FDP. Für Schoula ein Missverständnis: die veröffentlichten Akten seien manipuliert

PINNEBERG WÄHLT

Am 27. April wird in Pinneberg der hauptamtliche Bürgermeister gewählt. Kristin Alheit aus Hamburg tritt für die SPD an – als einzige Kandidatin mit offizieller Parteiunterstützung. Darüber hinaus bewerben sich um das Amt in der schleswig-hosteinischen Stadt bei Hamburg auch Kurt Schoula, Amtsinhaber Horst-Werner Nitt, Bernd Stachowski und Carsten Struck (alle parteilos). Themen im Wahlkampf sind die Ansiedlung von neuen Wirtschaftsunternehmen und der Führungsstil in der Verwaltung, deren Chef der hauptamtliche Bürgermeister ist. Nur einen Monat nach dieser Wahl dürfen die Pinneberger wieder an die Urne: Am 25. Mai ist in Schleswig-Holstein Kommunalwahl.  DKU

VON DANIEL KUMMETZ

Es war die erste öffentliche Präsentation im Pinneberger Bürgermeister-Wahlkampf Ende März und rund 400 Bürger waren gekommen, um die Kandidaten zu sehen. Die Zeit für die Vorstellung wird gestoppt, dann sind die Bürger dran: „Waren Sie in der SED?“, fragt schließlich ein Wähler Kurt Schoula. Der Kandidat mit Unterstützung aus CDU und FDP zog erst nach der Wende nach Pinneberg. Die Antwort kommt prompt. „Ich war nicht Mitglied der SED“, sagte Kurt Schoula, „schließlich konnte man es in der DDR auch ohne Parteibuch zu etwas bringen.“

Das war eine Falschaussage, die ihm später die politische Unterstützung der beiden bürgerlichen Parteien kosten sollte. Nach einem Personalbogen, der im Pinneberger Tageblatt in dieser Woche veröffentlicht wurde, war Schoula von 1972 bis 1989 Mitglied in der SED. Doch Schoula, der als Brückenspezialist im Bauamt der Stadt Pinneberg arbeitet, sieht das nur als Missverständnis, will nicht von einer Lüge sprechen: „Ich habe das auf die Wendezeit bezogen“, sagt er nach dem Auftauchen der Dokumente. Er sei nur bis 1986 SED-Genosse gewesen. „Die Zahl in dem abgedruckten Personalbogen ist manipuliert, die Zeitung muss eine Kopie meiner Personalakte bekommen haben.“ Auf dem Foto der Akte, das die Zeitung abdruckte, ist erkennbar, dass die Zahl 1989 von jemand anders geschrieben wurde als die übrigen Zahlen und Worte. Ob hier manipuliert wurde, konnte bisher nicht geklärt werden. Der zuständige Redakteur des Pinneberger Tageblatts war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Stadtverwaltung verweigert jegliche Aussage zur Personalakte von Schoula – Datenschutz. Aber die Unterlagen seien noch vollständig vorhanden, wird versichert. Schoula hat seinen Anwalt Anzeige gegen Unbekannt erstatten lassen, wegen der Verletzung des Datenschutzes.

CDU und FDP haben noch am Vorabend vor der Veröffentlichung ihre Unterstützung für Schoula zurückgezogen. Die Union alarmierte ihren Landesverband. „Ich gehe davon aus, dass es keine weitere Kooperation mit Kurt Schoula geben wird“, sagt CDU-Landesgeschäftsführer Daniel Günther. Die Pinneberger hätten aber keinen Druck benötigt, um die Kooperation zu beenden.

In dem Zeitungsbericht wird seine Mitgliedschaft in der SED mit weiteren Zitaten unterlegt, unter anderem von seinem damaligen Arbeitgeber, der VEB Stadtdirektion. Der lobt demnach im Jahr 1988 seinen „festen Klassenstandpunkt“ und seine „fundierten Kenntnisse des Marxismus-Leninismus“. „Das sind allgemeine Formulierungen, die müssen 1986 notiert worden sein“, sagt Schoula. „Es ist mir ein Rätsel, woher die Zeitung das hat.“ Ihn hätten die Widersprüche in der damaligen Wirtschaft dazu bewogen, aus der Partei auszutreten, sagt Schoula heute. „Ich bin Bauleiter gewesen und habe die Planzahlen nicht erfüllen können, weil mir Material fehlte.“ Wegen des Austritts sei er 1988 degradiert worden. „Von da an habe ich als Heimerzieher gearbeitet.“

Davon schreibt er auf seiner Wahlkampf-Homepage www.kurt-schoula.de nichts. Er berichtet dort 1986 Leiter der Straßenverwaltung geworden zu sein, kein Wort vom Einsatz als Erzieher. „Das ist mir beim Erstellen der Homepage gar nicht eingefallen, das ist doch erst jetzt wichtig geworden, weil das eine Degradierung war“, sagt Schoula. Außerdem habe er nur ein dreiviertel Jahr als Erzieher gearbeitet. Ganz genau nachvollziehen könne er seine Parteikarriere heute nicht mehr, weil er die Dokumente im Vorlauf der Wende vernichtet habe – „auf jeden Fall vor dem 6.6.1988“.

1991 zog Schoula nach Pinneberg, wurde später CDU-Mitglied. Er unterstützt die Kreistagsfraktion seiner Partei als bürgerliches Mitglied, diese Zusammenarbeit endet allerdings so oder so – als Bürgermeisterkandidat darf er nicht in dieser Funktion bleiben. „Ich kann es verstehen, dass sie sich von mir distanziert haben“, sagt Schoula. „Sie sind jetzt selbst mitten im Kommunalwahlkampf.“ Seiner Meinung nach sei das allerdings ein bisschen voreilig geschehen.

Es ist die zweite Kandidatur Schoulas für das Bürgermeisteramt: 2002 bekam er knapp zehn Prozent der Stimmen. Am 27. April wird in Pinneberg gewählt, das Gesetz sieht den Rückzieher eines Kandidaten zu diesem Zeitpunkt nicht vor. „Ich will weitermachen – jetzt erst recht“, sagt Schoula. Sein Ziel ist es, genügend Stimmen zu erreichen, um in die Stichwahl zu kommen.

In der nächsten Woche gibt es eine weitere Kandidatenvorstellung. Schoula will dort eine Stellungnahme abgeben.

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