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Idealismus aus der Blisterpackung

Was früher unvereinbar schien, liegt mittlerweile im Trend: Ethische Standards und gute Bilanzen sind für Unternehmen längst kein Widerspruch mehr – Kunden und Mitarbeiter sind vom Stör- zum Erfolgsfaktor befördert worden

VON CARSTEN WÜRMANN

„Sie wollen Wirtschaftsethik studieren? Entscheiden Sie sich für das eine oder andere.“ Die legendäre Empfehlung des Satirikers Karl Kraus ist zwar witzig, aber nicht mehr wirklich aktuell. Nicht nur die akademische Wirklichkeit hat mit einem Fach namens Wirtschaftsethik das Bonmot überholt. Das scheinbar Unvereinbare ist ein Trend, der längst bei den Unternehmern angekommen ist: „Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre dürfen nicht mehr als Störfaktor in der Wertschöpfung verstanden werden“, so der Wirtschaftsethiker Alexander Brink, „sie sind Werttreiber und wesentlicher Erfolgsfaktor.“ Werte und Tugenden wie Toleranz, kommunikative Freiheit, Wahrhaftigkeit, Einfühlungsvermögen stehen hoch im Kurs.

Wirtschaftsethik gilt ihren Befürwortern nicht als taktische Finesse, sie sprechen von einer echten Win-win-Situation. „Idealismus verkauft sich nämlich gut“, bringt es der Medientheoretiker Norbert Bolz in seinem „Konsumistischen Manifest“ auf den Punkt: „Waschmittel sollen ethischen Standards entsprechen; an die Stelle von Ausbeutung soll der Fair Trade mit Entwicklungsländern treten. Grüner Punkt und das Siegel ‚umweltfreundlich‘ genügen nicht mehr – es entstehen ‚Ethik-Marken‘.“

Doch gilt das nur für Nischenprodukte oder auch für den Mainstream? Der Erfolg einiger Unternehmen zeigt, dass es sehr wohl gelingen kann, ethische Standards mit guten Bilanzen zu verbinden. So bietet etwa die Weleda AG seit Jahrzehnten ethischen Anspruch mit Wellness für das Gewissen. Sie bezieht dies aber nicht nur auf die Produktion nach ökologischen Grundsätzen – wie es der Claim „In Einklang mit Natur und Mensch“ nahelegt –, sondern versteht sich erklärtermaßen „als Ort menschlicher Entwicklung an gemeinsamen Aufgaben“. Alle Mitarbeitenden sollen „in ihrem Aufgabengebiet zu den Urteils- und Entscheidungsprozessen beitragen können“ und „so zu Mitgestaltern der Unternehmensentwicklung werden“.

Nicht umsonst attestiert auch das gewerkschaftsnahe Forum Zukunftsökonomie dem Unternehmen vorbildliche Mitbestimmungspraxis, eine gute Ausbildungsquote und überdurchschnittliche Maßnahmen zur Work-life-Balance. Ein anderes erfolgreiches Beispiel, die Drogeriemarktkette dm, will, wie es in ihren Grundsätzen heißt, die Konsumbedürfnisse ihrer Kunden veredeln, dabei aber auch den „zusammenarbeitenden Menschen Entwicklungsmöglichkeiten“ bieten, um „als Gemeinschaft vorbildlich in unserem Umfeld wirken“. Konsequent weiterentwickelt, müsste allerdings der Anspruch, möglichst viele möglichst breit an den Prozessen zu beteiligen, über die Grenzen des eigenen Geschäfts hinausgehen. Ein berühmt gewordenes Beispiel ist der Schweizer Lebensmittelmulti Migros. Der Firmengründer wandelte das Unternehmen bereits vor einem halben Jahrhundert in eine Genossenschaft um. Ein anderes prominentes Beispiel ist dm-Chef Götz Werner, der hierzulande unermüdlich für die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens wirbt.

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