: Die Männer im Schatten von Hagi
Noch haben sie den Ruhm ihrer Vorgänger nicht erreicht, gegen Holland könnte Rumäniens Auswahl ein Zeichen setzen
Mit einem Sieg wäre Rumänien auf jeden Fall weiter, ein Remis hilft nur bei gleichzeitiger Punkteteilung von Italien und Frankreich. Sogar eine Niederlage reicht dem derzeit Gruppenzweiten sicher, wenn diese mit maximal zwei Toren Differenz ausfällt und Italien – Frankreich torlos endet: Rumänien hätte dann die bessere Gesamttordifferenz. Rumänien setzt auf Spielmacher Mutu und darauf, dass die Oranjes ihre Stars schonen. Danach sieht es allerdings nicht aus. Bei Rumänien übernimmt die Sechser-Position von Radoi (Nasenbeinbruch) Chivu. Die Niederländer, sichere Gruppenerste, wollen wieder mit ihrem jüngst bewährten 4-2-3-1-Systems gefallen. Niederlande: van der Sar – Boulahrouz, Heitinga, Mathijsen, van Bronckhorst – de Zeeuw, Engelaar – van Persie, van der Vaart, Robben – van Nistelrooy Rumänien: Lobont – Contra, Tamas, Ghionea, Rat – Cocis, Chivu, Codrea – Nicolita, Mutu – D. Niculae (M. Nicolae) Anstoß: heute, 20.45 Uhr, ZDF Infokanal
BUKAREST taz ■ Die Sitzplätze vor den Großleinwänden sind bis auf den letzten Platz bereits Stunden vor dem Spiel besetzt, in den Kneipen sind Fernseher fast Pflicht, wenn die Wirte ihre Kunden halten wollen. 4,2 der knapp 21 Millionen Rumänen sahen Freitag das 1:1 gegen Italien.
Rumänien ist seit 2000 erstmals wieder bei einem großen Fußballturnier dabei, und der Einzug ins EM-Viertelfinale vor dem letzten Gruppenspiel keine Utopie mehr. Doch die Stars, die europaweit ihr Geld in Top-Ligen verdienen, stehen nun auch unter hohem Erwartungsdruck. Wie groß bei ihnen selbst der Wille zum Erfolg ist, zeigt der Umstand, dass sie nach dem 0:0 gegen Frankreich – zwar verhalten – offensiven Fußball von ihrem Trainer forderten. Der Italien-Legionär und Mannschaftskapitän Cristian Chivu legte einiges Selbstvertrauen an den Tag: „Wir sind zur EM gefahren, um weiterzukommen.“ Derweil schießt die Generation des Fußballgenies Gheorghe Hagi kleine Pfeile in Richtung Spielvermögen der aktuellen Auswahlspieler.
Dass die trotzdem vor dem Einzug ins Viertelfinale stehen, schreibt man in Rumänien dem verschlossenen Trainer Victor Piturca zu. Seine Entmachtung kurz vor der EM 2000 nach Auseinandersetzungen mit Hagi und Popescu hatte mitbewirkt, dass Rumänien eine so lange WM- und EM-Durststrecke erlebte. Vor zwei Jahren holte der Verband Piturca zurück. Unter ihm hat sich eine neue Generation von Spielern etabliert. Den Kultstatus eines Gheorghe Hagi oder Gheorghe Popescu haben sie zwar noch nicht erreicht, aber immerhin schon mutige Ideen entwickelt: Sie fordern eine neue Nationalhymne, denn sie wollen zu Spielbeginn mehr Rhythmus und Dynamik hören.
SIEGFRIED THIEL
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