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Kochen auf katalanisch

Die Küche der spanischen Region vereint wie ihre Landschaft Gegensätze. Typisch sind Gerichte, bei denen Tiere vom Land und aus dem Meer zusammen verspeist werden. Oft werden sie auf beinahe künstlerische Weise präsentiert

Es mag manch einem spanisch vorkommen, aber von einer einheitlichen spanischen Küche kann nicht die Rede sein: Das unterschiedliche Klima beeinflusst seit jeher die Menschen der einzelnen Regionen, ihre Landwirtschaft, ihre Lebensweise und ihre kulinarischen Traditionen. Im ganzen Land werden überwiegend herzhafte Gerichte von eigenwilligem Charme, jedoch mit einer jeweils regionaltypischen Note gereicht.

Das Gebiet, mit dem wohl die meisten Spanienreisenden zuerst bekannt werden, ist Katalonien, weltberühmt durch die Kathedrale Sagrada Familia in Barcelona. In Anlehnung an das Bauwerk Antoni Gaudis nannte der Schriftsteller Manuel Várquez Montalbán den Gemüsemarkt der katalanischen Hauptstadt aufgrund seiner Vielfalt und atemberaubenden Schönheit eine „Kathedrale der Sinne“. „La Boqueria, der großartige Lebensmittelmarkt an den Rambles von Barcelona, ein Feuerwerk der Farben, Gerüche und des Lärms, ist der ideale Ausgangspunkt für eine Reise durch die Katalanische Küche“, beschreibt Torsten Eßer in dem Buch „Katalanisch kochen“ diesen Ort.

Katalonien ist geprägt durch landschaftliche Gegensätze, die sich trotz aller Widersprüche zu einem harmonischen Ganzen vereinen. In der katalanischen Küche spiegelt sich die Kunst, das scheinbar Widersprüchliche zu verbinden und dabei kreativ zu sein, wieder. Bestes Beispiel dafür sind die katalanischen „Land-und-Meer-Gerichte“, bei denen Zutaten in einen Topf gegeben werden, die bei uns streng getrennt gegessen würden, etwa Huhn mit Garnelen oder Kaninchen mit Flusskrebsen und jungen Tintenfischen.

Mar i Muntanya ist der Sammelbegriff für diese bestimmte Art von Gerichten, aber es gibt auch ein Nationalgericht namens „Mar i Muntanya“: Tintenfisch, Garnelen, Huhn, Kaninchenfleisch, Bratwurst, Gemüse und Kräuter werden mit dem in der spanischen Küche unverzichtbaren Olivenöl in einer Kasserolle gedünstet, mit Brandy abgelöscht und mit Picada, einer Paste aus Knoblauch, Schokolade und gerösteten Mandeln, verfeinert.

Katalonien ist eine Fischregion, wobei der Fisch auf phantasievolle, fast künstlerische Art serviert wird. Die Zarzuela, Kataloniens luxuriöse Fischplatte, ist typisch dafür: Meeresgetier der verschiedensten Art wird nebeneinander drapiert und nur mit einer leichten Soße aus Wein, Tomaten und Safran gebunden. Dabei wird der Eigengeschmack jeder Fischsorte betont.

Aufgrund ihrer Zusammensetzung aus Fisch und Fleisch mit viel Gemüse, Knoblauch, Zitrone und Olivenöl, ist die katalanische Küche ein typisches Beispiel für die mediterrane Küche. Viele Gerichte muten deftig und schwer bekömmlich an, doch der Schein trügt: Wissenschaftlichen Studien zufolge schützt diese Art der Ernährung vor Herzinfarkt oder Krebs und verlangsamt den Alterungsprozess. Die traditionelle mediterrane Küche wird bedingt durch den gesellschaftlichen Wandel immer mehr durch Schnellgerichte verdrängt. Deshalb beantragten Spanien, Griechenland, Italien und Marokko kürzlich bei der UNESCO die Aufnahme der Mittelmeerküche in die Liste der „immateriellen Weltgüter“.

Torsten Eßer bietet mit „Katalanisch kochen“ einen interessanten Überblick über die typische regionale Küche, in der trotz aller Eigenheiten die in ganz Spanien verbreiteten Tapas nicht fehlen. Schrittweise Kochanleitungen verleiten dazu, sich auch auf kulinarische Experimente einzulassen. BIRGIT GÄRTNER

Torsten Eßer, Katalanisch kochen, Verlag Die Werkstatt, Göttingen, 176 S., einige Farbfotos, 16,90 Euro

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