tagebuch eines wanderarbeiters: „Nur einmal im Jahr nach Hause“
„Fast jeder Arbeitsmigrant versucht zum Chinesischen Neujahr nach Hause zu fahren, und daher ist es zu der Zeit immer sehr schwer, eine Fahrkarte zu bekommen. Die Fahrpreise steigen in dem Monat dann jeweils auf das drei- bis vierfache.
Ich bin aus diesem Grund schon seit Jahren nicht mehr für die Neujahrsfeier nach Hause gefahren, sondern fahre einmal pro Jahr im Mai. Meine größte Angst ist immer, dass mich meine Kinder nicht mehr erkennen, wenn ich so lange weg war, sie sind ja noch so klein. Wenn sie etwas älter sind, wird es leichter, mit ihnen im Kontakt zu bleiben, weil sie dann selber besser erzählen können, wie es ihnen geht und was sie machen. Für meine Frau ist die Trennung noch schlimmer, sie ist ja erst seit einem halben Jahr von den Kindern getrennt und vermisst sie sehr, an sie erinnern sich die Kinder natürlich auch besser als an mich. Meine jüngere Schwester teilt das gleiche Schicksal, ihr Kleinkind lebt auch bei unseren Eltern, seit sie nach Shenzhen zum Arbeiten gekommen ist. Für mich, wie die meisten meiner Freunde, hat das Neujahrsfest keine so große Bedeutung, wenn ich in Shenzhen weit weg von dem Rest der Familie bin.“ PROTOKOLL: CSU
Cui Zhangyon, 33, ist Wanderarbeiter
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